Zwei kleine Mädchen, zerzaust und verdreckt, spielen miteinander in einem dunklen, staubigen Verlies. Die ältere der beiden Schwestern beschützt und tröstet die jüngere, besänftigt sie mit einem Schlaflied: „Alle Flüsse fließen ins Meer.“ Das grobkörnige Schwarzweiß der Bilder dient der Beglaubigung, dass die folgende, nach einem Zeitsprung in Farbe erzählte Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Es verbindet sich zugleich mit den Inserts am Schluss des Films und setzt so einen historischen Rahmen. Tatsächlich hat die Theatermacherin Nancy Meckler für ihren aus dem Jahr 1994 stammenden Debütfilm „Sister my sister“ ein Theaterstück adaptiert, dass sich mit dem berüchtigten Fall der Schwestern Papin beschäftigt. Von Jean Genets „Die Zofen“ bis zu Claude Chabrols Ruth Rendell-Verfilmung „Biester“ diente dieser immer wieder als Stoff künstlerischer und intellektueller Auseinandersetzung.
In einer französischen Kleinstadt des Jahres 1932 arbeitet Christine (Joely Richardson) als Dienstmädchen im Haushalt der verwitweten Madam Danzard (Julie Walters), die ein strenges Regiment führt, als ihre fünf Jahre jüngere Schwester Lea (Jodhi May) eintrifft. Die beiden ehemaligen Klosterschülerinnen teilen sich Arbeit und Lohn und bewohnen zusammen eine kalte Dachkammer. Außer sich selbst scheinen sie niemanden zu haben, weshalb ihre emotionale Abhängigkeit immer inzestuösere Züge annimmt. „Für immer miteinander verbunden, verbunden durch ihr Blut“, wie ihnen nach einem gemeinsamen Unfall einst geweissagt wurde, geraten sie doch über ihr ungleiches Verhältnis zur Mutter immer wieder in Streit. Unter den prüfenden Blicken ihrer resoluten Herrin erledigen die Schwestern, die viele Talente haben, gewissenhaft und zuverlässig ihre Aufgaben.
Die standesbewusste Madame, die mit ihrer erwachsenen, noch unverheirateten Tochter Isabelle (Sophie Thursfield) der gepflegten Langeweile frönt, ist davon ganz begeistert und bezeichnet die ausgebeuteten jungen Frauen als „zwei echte Perlen“. Bittere Ironie schwingt daher mit, wenn man sieht, wie Lea einmal zu Füßen der leicht karikaturenhaft überzeichneten Madame einzelne Perlen, die von Isabelle durch ein Missgeschick verstreut wurden, aufliest. Immer wieder kontrastiert Nancy Meckler in ihrem von einer untergründigen, fast unheimlichen Spannung durchzogenen Kammerspiel die sozialen Kontraste. Während die Hausherrin mit ihrer Tochter stickt, Klavier und Karten spielt oder Tee trinkt, arbeiten die beiden Schwestern aufopferungsvoll. Während die einen „alle Zeit der Welt“ haben, haben die anderen nur sich, eine gemeinsame Narbe und Körper, die zärtlich und unter Verlustängsten zueinander finden. Konzentriert und mit einem feinen Gespür für Symmetrien inszeniert Nancy Meckler deren Zusammensein, das durch Eifersucht, Ängste und Alpträume immer paranoidere Züge annimmt – bis der Psycho-Horror schließlich in einem schrecklichen Gewaltexzess mündet.