Als im Zuge der Finanzkrise ab 2007 paradoxe Phänomene innerhalb der kapitalistischen Wirtschafts- und Finanzordnung sichtbar werden, beginnt die Filmemacherin Carmen Losmann („Work Hard – Play Hard“; DE 2011) damit, sich und anderen ganz einfache Fragen zu stellen: Wie entsteht Geld und wie kommt es in die Welt? Wie funktioniert überhaupt eine Bank? Warum wachsen Schulden und Wirtschaftleistung gleichzeitig? Und warum wird das Privatvermögen einiger Weniger immer größer? Um diese „Spielregeln“ zu verstehen, begibt sich Losamann mit ihrem dezidiert persönlichen Ansatz in den „Maschinenraum des Kapitalismus“. Sie trifft Experten von Banken und Investmentgesellschaften und erfährt zunächst Dinge, die widersprüchlich erscheinen: Geld wird „produziert“, wenn Menschen investieren und Banken dafür Kredite vergeben. Dadurch wächst die Wirtschaft, deren Kapitalvermehrung also auf Schulden basiert.
„Das funktioniert nur so lange, wie es funktioniert“, kommentiert einer der Banker die Instabilität eines Systems, das seine eigene Logik erzeugt, die mit der Alltagswirklichkeit wenig zu tun hat und immer wieder zu Zirkelschlüssen führt. Deshalb erscheint in Carmen Losmanns aufschlussreichem Film „Oeconomia“ das Finanzsystem auch öfters wie eine esoterische Geheimwissenschaft, von der keiner so genau weiß, wie sie funktioniert, oder auch als „Glaubensgebäude“. Aus der Konfrontation mit den „eingeweihten“ Experten resultiert deshalb immer wieder eine Distanz, die dadurch noch verstärkt wird, dass sich die „Player“ hinter ihrem Wissen verschanzen und in ihren repräsentativen Machtzentren abschotten.
Carmen Losmann und ihr Bildgestalter Dirk Lütter inszenieren deren sehr dominante Architektur, die sich mächtigen Hochhäusern, spiegelnden Glasfassaden und weiten, hellen Räumen eingeprägt hat, deshalb als eine nur scheinbare Transparenz. Zwar ist die Sicht nach draußen, meist von einem erhöhten Standpunktaus, frei und unverstellt. Aber im Innern der Gebäude stößt die Filmemacherin immer wieder auf Widerstände, Reglementierungen und Vorgaben, die ihre Arbeit behindern oder modellieren. Dazu passen Gesprächspartner, deren Persönlichkeit, Sprache und Arbeit merkwürdig abstrakt und ungreifbar bleiben.
Losmann begegnet diesen Kontrollmechanismen eines ziemlich „unerotischen“, überwiegend aus Männern bestehenden Machtsystems deshalb einerseits mit Beharrlichkeit, andererseits mit Offenheit in Bezug auf ihr eigens Vorgehen. Dieses dokumentiert sie mit Computergrafiken, nachgestellten Telefon-Interviews und immer wieder mit Fragen an das eigene Verständnis. Als Gegengewicht zu den Adepten der Finanzwelt inszeniert sie zugleich eine alternative Expertenrunde im öffentlichen Raum, die mit Hilfe eines abgeänderten Monopoly-Spiels die beschriebenen Paradoxien zu erhellen sucht und vor dem Hintergrund der ökologischen Krise ein notwendig anderes Wirtschaften fordert.
Hier gibt es ein Interview mit Regisseurin Carmen Losmann.