Ein bisschen berühmt geworden ist der Regisseur Detlev Buck hierzulande einst mit seinem recht wortkargen Post-DDR-Roadmovie »Wir können auch anders…« (1993), das das deutsche Kinopublikum zum Lachen brachte.
Bis dahin gab es ja im deutschen Nachkriegskino eher wenig zu lachen. Was es an deutschen Komödienproduktionen gab, war nicht selten eine unselige Mixtur aus Grimassenschneiden, Stammtischklamauk und hektischer Fuchtelei (Hallervorden & Co.), zum Lachen war das beileibe nicht. Buck hingegen gehörte zumindest zu Beginn seiner Filmemacherkarriere zu jenen, die begriffen zu haben schienen, dass man, um eine Komödie zu produzieren, nicht zwingend der Maxime »Lauter, schneller, greller« folgen muss und dass auch ein clever gemachter Dialogwitz hilfreich sein kann. Seine jüngeren Werke waren allerdings eher enttäuschend und von umfassender Einfallslosigkeit, alles verschlingender Langeweile und viel unfreiwilliger Komik gekennzeichnet, etwa die Großproduktion „Die Vermessung der Welt“ (2012). In der Wochenzeitung Die Zeit hieß es zu dem gescheiterten Film treffend: „Niemand kann sich zwei Stunden lang an Naturaufnahmen begeistern und dabei auch noch zwei Nachwuchsschauspielern zusehen, die sich ungelenk durch eine ›Geo‹-Reportage bewegen.“
In den letzten Jahren war Buck mit dem Verfertigen von fragwürdigen, doch offenbar erfolgreichen Pferdefilmen („Bibi & Tina“) beschäftigt.
Sein neuester Streich ist nun eine in Kreuzberg spielende Ganovenkomödie, in der viel geschieht, mit dem man als Zuschauer schon rechnet: Junger, gutaussehender Antiheld und junge weibliche Herumtreiberin verlieben sich; türkischstämmige Dealer/Gangster sitzen breitbeinig und finster guckend in Kreuzberger/Neuköllner Cafés und Bars herum, deren einziger Zweck offenbar die Geldwäsche ist; liebenswerte Kleinganoven haben sich großen Ärger mit gewissenlosen Gangsterbossen eingehandelt, weswegen sie unter großem Druck stehen und gezwungen sind, permanent in Bewegung zu sein (und sich diverse Tricks und Kniffe auszudenken); mit Geldbündeln gefüllte Taschen gehen auf Reisen, wandern durch verschiedene Hände, verschwinden plötzlich und tauchen wieder auf.
Selbstverständlich sind Bucks Bösewichter allesamt schrille Bösewichtkarikaturen, selbst deren Handlanger und die anderen Halbweltfiguren und Kleingangstertypen wurden offenbar nach dem Maß ihrer dekorativen Wirkung gecastet: der fortwährend jähzornig um sich brüllende Drogenbandenboss und seine muskelbepackten, Protein-Shakes schlürfenden und im Oberstübchen nicht gerade tip-top ausgestatteten Lakaien; der wahlweise mysteriöse oder geisteskranke verschlagene kleine Asiate, der eine ebenso stumm agierende wie laut- und gefühllos tötende weibliche Killermaschine beschäftigt; der im Penthouse des Bonzenhochhauses an der East Side Gallery residierende Russenmafiaboss mit Dobermann und verwöhntem Töchterchen; und, nicht zu vergessen, der ein breites Österreichisch sprechende abgerissene Kleinganove.
Und natürlich tragen diese Macker und Angebertypen Herrenpelzmäntel, Designeranzüge, Armani-Trainingshosen, Goldkettchen und Knebelbärte, sind über und über tätowiert oder fahren goldfarbene Lamborghinis. Und alle reden, wie man sich vorstellt, dass in Kreuzberger Gangsterkreisen eben so geredet wird: „Was will denn die Chinapfanne hier?“, wird da schon mal gefragt, wenn überraschend eine asiatisch aussehende Dame den Raum betritt.
Buck tut also wieder das, was er früher konnte: ein paar möglichst skurrile Charaktere versammeln und sie durch eine turbulente Handlung schleusen. Das ist – sieht man einmal von dem für den deutschen Film typischen gelegentlichen Overacting einiger Darsteller ab – nicht weiter bemerkenswert.
Interessant hingegen ist der zumindest für deutsche Produktionen ungewöhnliche Umgang mit Beleuchtung in dieser, nun ja, Komödie: Die skurrilen Halbwelt- und Gaunerkarikaturenfiguren stehen häufig in durch grelle Neonfarben (Gelb, Blau, Grün) beleuchteten Szenenbildern herum, was der Gesamtstimmung des Films etwas angenehm Artifizielles gibt.
Außerdem wird im Film auch die nicht unbedeutende Frage beantwortet: Wie bekommt man einen Schlüssel aus einem Dobermann?
Dieser Text erschien zuerst am 30.08.2018 in: Neues Deutschland