Bevor die Musik beginnt, gehen die Stimmen der Barbesucher hin und her, schweift die bewegte Handkamera zwischen Gesichtern und Körpern, die bald tanzen oder in stoischer Trance verharren. Auch in der Musik der Kasaï Allstars, die kurz danach zu spielen beginnen, überlagern sich die Gesangsstimmen in Schichten wiederkehrender Phrasen, die einander in einem schier endlosen Zirkel zu antworten scheinen und dabei die Intensität der Monotonie zum Delirium steigern. Bewegung und Rausch, Ekstase und Vergessen bilden auch in Alain Gomis‘ preisgekröntem Film „Félicité“ eine Einheit. Mit dokumentarischen Mitteln an Originalschauplätzen der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa gedreht, ist der Film vor allem ein Dokument der gedehnten Zeit, in deren Flächigkeit sich die Kontraste, Handlungen und Absichten verlieren.
Nacht für Nacht singt die von Véro Tshanda Beya gespielte Titelheldin mit dem Musiker-Kollektiv, das es tatsächlich gibt (sonst allerdings mit der Sängerin Muambuyi besetzt ist); bis der Alkohol die Glieder schwer macht oder ein Gerangel unter den Gästen die Party auflöst. Als Félicités Sohn Samo (Gaetan Claudia) nach einem Motorradunfall schwer verletzt im Krankenhaus liegt, wird die mutige Frau zur Bittstellerin und resoluten Geldeintreiberin. Denn nur eine teure Operation kann das gebrochene Bein ihres Sohnes retten. Gomis begleitet seine Heldin auf ihrem Gang durch eine Stadt voller Widersprüche und sozialer Kontraste. Dabei erfährt sie sowohl Zuspruch und Hilfsbereitschaft als auch mitleidlose Kälte. Als sie schließlich die nötige Geldsumme zusammen hat, ist es zu spät für die Rettung von Samos Bein.
Was nun folgt, ist ein Stillstand der Bewegungen und Gefühle. Genährt vom Schmerz des Verlusts und der Verzweiflung legt sich ein tiefes Schweigen zwischen die Figuren. Selbst die Musik der Band ist reduziert, wenn deren Mitglieder einmal zusammen mit Félicité einen melancholischen A-cappella-Gesang anstimmen. Alain Gomis strukturiert und kommentiert die minimalistische Handlung seines Films mit Musik und verwendet dafür auch Aufnahmen eines Amateur-Sinfonieorchesters, des Orchestre Symphonique Kimbanguiste, das gerade Arvo Pärts „Fratres“ probt. Immer öfter wechselt er dabei zu geheimnisvollen Traumsequenzen, die die gleißende Helligkeit der tristen Realität gegen das Dunkel einer brüderlichen Nacht tauschen; und in denen Félicité, von der es heißt, sie sei als Kind schon einmal tot gewesen, in einen Fluss eintaucht, darin versinkt, um kurz darauf gestärkt wieder aufzutauchen. „Man muss neu anfangen. Wieder und wieder“, sagt ihr Freund Tabu (Papi Mpaka) einmal im Alkoholrausch.