Es brauchte über 25 Jahre, bis die Verfilmung von Maurice Sendaks Kinderbuchklassiker von der ersten Planung bis zur letzten Szene endlich im Kasten war. Zuletzt wurde das Zepter an Spike Jonze weitergereicht. Der machte die Produzenten mit seiner dritten Regiearbeit seit „Adaption“ (2002) nicht wirklich glücklich. Man kann sich denken, woran das liegt. Sicher wäre ihnen eine eskapistische Fantasy-Adaption mit ein wenig CGI-Gedöns und einer finalen Prise versöhnlicher Familienromantik lieber gewesen.
Der Film dichtet der Vorlage noch einige Nuancen hinzu und unterfüttert ihren Optimismus mit einer existenziellen Melancholie, die auch vom Schluss nicht getilgt wird. Wie bei der Vorlage so flieht auch hier der kleine Max vor seiner (in diesem Fall geschiedenen) Mutter kraft seiner Fantasie ins seltsame Land, wo besagte wilden Kerle wohnen (die schon immer etwas irreführende Übersetzung der wild things grenzt nunmehr ans Absurde, befinden sich doch unter ihnen offenkundig auch Kerlinnen). Max hat mit den herzallerliebsten Wonneproppen des konventionellen Kinderfilms (und partiell auch mit dem des Buchs) wenig gemeinsam. Seine Wutausbrüche grenzen ans Psychotische, seine Rachephantasien sind bösartig und brutal. In den wilden Kerlen findet er seine Pendants. Die machen ihn zwar zu ihrem König, aber offensichtlich nur, um ihrem schwermütigen Alltag und der drögen Geselligkeit etwas Abwechslung zu verabreichen. Im Buch schafft er dies noch qua Autorität. Hier sind es recht hilflose Überredungsversuche. Und weil in diesen Unsicherheiten und Ängsten sich ständig Max‘ Projektionen ausdrücken, geraten auch die Spiele mit der wilden Horde immer wieder etwas zu destruktiv und ziellos. So wie auch nach seiner Rückkehr bereits zu ahnen ist, dass sich Zuhause nicht viel ändern wird. Echte Gemeinschaften entwickeln sich nicht, hier nicht, dort nicht. Jonze opfert die idealisierte Kindheit also lieber ihren Widersprüchen – und präsentiert statt Fantasy die Realität der Scheu vor dem Leben.