Die schrägen Typen, die Nerds und Geeks und Freaks haben sich mittlerweile bestens in die Tradition der zeitgenössischen, amerikanischen Jungskomödie eingeschrieben. Die mal, wie hier, etwas zahmer ausfällt oder dann deutlich infantiler, mit mehr Pimmelwitzcontent, wie bei Judd Apatow-Produktionen oder in den „Hangover“-Filmen. Der Held verlässt seine Heimat und macht allerlei turbulente Erfahrungen in der Fremde. Hinterher hat man dann, wie im Entwicklungsroman, etwas dazugelernt oder kommt zumindest mit einem blauen Auge wieder aus der Chose heraus. „Willkommen in Cedar Rapids“ ist einer der gelungeneren Vertreter seiner Gattung.
Tim Lippe (gespielt von Ed Helms, dem unterdrückten Zahnarzt aus „The Hangover“) muss auf Geheiß seines Chefs nach Cedar Rapids: zum großen alljährlichen Treffen der Versicherungsmakler. Und dort soll er mit einem Vortrag, ganz so wie es seinem Vorgänger bereits zweimal gelang, die höchste Auszeichnung der Branche für das eigene Unternehmen nach Hause bringen. Blöd nur, dass es sich bei Tim um ein echtes Muttersöhnchen handelt, das noch nie sein piefiges Kaff in Wisconsin verlassen hat und dessen größtes Abenteuer eine mutterkomplexbeladene Affäre mit seiner ehemaligen Lehrerin (Sigourney Weaver) ist. Bereits das Einchecken am Flughafen entlarvt ihn als Businessfrischling, wie auch die Ankunft im Hotel. Da auch noch dummerweise alle Zimmer überbucht sind, darf er mit zwei Kollegen das seinige teilen. Einer der beiden ist ausgerechet das bad animal der Makler-Szene, „Deanzie“ (John C. Reilly), ein Partymonster vor dem Herrn, einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt, und vor dem ihn der Chef ausdrücklich gewarnt hatte. Keine Frage: auf den braven Tim Lippe kommt an diesem Wochenende nicht nur der Kampf um die Trophäe zu – nein, hier muss er auf allen Gebieten über sich hinauswachsen und seinen Mann stehen. Ganz wörtlich zu verstehen, natürlich, im Humor des Films gedacht.
Und es ist dem Film schon anzurechnen, dass er nicht zu einer schenkelklopfenden Achterbahnfahrt für Spätpubertierende mit Machoallüren geworden ist. Arteta inszeniert mit viel Gefühl für die Details, die kleinen Gesten, das Stocken mitten im Wort, und natürlich auch für die gut gesetzten, kuriosen Wendungen. Klar, dann geht es auch mal mit Vollgas auf die White-Trash-Punkrockparty (oder auf das, was sich die Produzenten darunter vorstellen), wo bei lauter Gitarrenmusik bis zur Schlägerei gefeiert wird, oder mit der Kollegin (Anne Heche), ordentlich Alkohol im Blut, in den hoteleigenen Pool hinein, was den verstockten Tropf aus seiner Schüchternheit lockt. Der Plot, so schematisch und vorhersehbar er ist, zerfällt jedoch nicht in einzelne, willkürliche Klamauk-Episoden, sondern jede Szene ist in den größeren Kontext eingebunden und dient dem Film. „Willkommen in Cedar Rapids“ weiß also durchaus zu unterhalten, vor allem, da auch das Schauspielerensemble auf hohem Niveau agiert.
Und dann, am Ende, hat Tim Lippe schließlich noch seinen großen Auftritt, bei dem er ans Mikrophon tritt und aus einem kalauernden Wortspiel heraus die dubiosen Machenschaften seiner Branche aufdeckt, sie in nur wenigen Sätzen demontiert. In dieser Rede findet der Held nicht nur zu seiner Größe und damit zur Erfüllung seiner Aventiure, sondern er findet vor allem auch zu sich selbst. Ob man dem Film damit gerecht wird, wenn man ihn nun als politischen Kommentar zur wirtschaftlichen Lage seines Landes liest, soll dahingestellt sein. Der Held hat sich am System gerieben, er hat sich als moralisch stärker erwiesen und reitet (diesmal im Flugzeug) zurück auf seine Ranch in den Sonnenuntergang hinein. Es liegt eine güldene Zeit vor uns. Wir müssen nur an uns selber glauben. Also auf nach Cedar Rapids, Osnabrück, Erfurt, Ulm oder Rostock. Der Abspann verspricht ein Happy End!