Mit lautem Getöse stürzen Wassermassen in eine Schlucht, erzeugen dabei grau-braune, dampfende Wirbel und vermitteln in ihrem durchdringenden Rauschen eine elementare Gewalt. Dann ist es plötzlich still und der Blick fällt auf eine weite, ausgetrocknete Ebene, die als Delta des Colorado River in Mexiko ausgewiesen wird. Aus der Vogelperspektive betrachtet, zeichnen die Risse und tiefen Furchen Muster in die Landschaft, die wie verzweigte Lebensadern eines Baumes aussehen. Die intensiv bewässerten Monokulturen Südkaliforniens haben dem Fluss das Wasser gestohlen und damit das ökologische Gleichgewicht gestört. Auch die Kreisberegnungssysteme in den High Plains von Texas zehren von Wasserspeichern in der Tiefe, die sich in nicht allzu ferner Zukunft erschöpft haben werden. Aus der Luft sehen die vielen Parzellen aus wie ein riesiger Flickenteppich.
Starke Kontraste, die graphischen Muster von Landschaften und gigantischen Szenerien sowie die kontinuierliche Weitung des Blicks in der Totale kennzeichnen den beeindruckenden Dokumentarfilm „Watermark“ von Jennifer Baichwal und Edward Burtynsky. Der renommierte kanadische Fotograf, selbst Protagonist, interessiert sich in seiner aktuellen Arbeit vor allem dafür, „wie Wasser uns formt und wir das Wasser formen“; also für Prozesse des Austauschs und der Veränderung, mit deren hier dokumentierten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen er unaufdringlich, aber bestimmt „ein Klagelied auf den Verlust“ anstimmt. Etwa beim Blick in einen jahrhundertealten Stufenbrunnen im indischen Bundesstaat Rajasthan, dem das Wasser fehlt, der gefährlichen Wasserverschmutzung in einem Gerberviertel in Bangladesch oder auch dem Kontrast von extensiver Landwirtschaft und Versteppung im kalifornischen Imperial Valley.
Bei ihren weltweiten Recherchen zum Thema Wasser sprechen die beiden Filmemacher aber auch mit Zeugen des Wandels: Zum Beispiel mit einem Ingenieur der riesigen, noch im Bau befindlichen Xiluodu-Talsperre am Jinsha Jiang in China, wo sich – wie in anderen Szenen des Films – auch Arbeit beobachten lässt; oder auch mit Klimaforschern im ewigen Eis von Grönland, deren Ergebnisse ziemlich genau das vermitteln, was der indigene Bewohner vom Stikine River in British Columbia („wo der Himmel die Erde berührt“) sagt: „Wir sind alle Wasser.“ Neben den ökologischen Folgen der wirtschaftlichen Nutzung dieses so wertvollen Elements handelt der Film aber auch von kulturellen Gegensätzen: Während in Las Vegas Touristen die Wasserspiele einer spektakulären Springbrunnenanlage bestaunen, pilgern im indischen Haridwar anlässlich des Kumbh Mela-Festes Millionen von Menschen zum rituellen Bad im Ganges, um sich von ihren Sünden zu reinigen.