Meistens eröffnen kurze, prägnante Stichworte zu Geographie und Geschichte der gezeigten Landschaften oder auch persönliche Statements der portraitierten Menschen die kurzen und mittellangen Filme Volker Koepps. Ganz selbstverständlich und in lakonischer Manier setzen sie beim Zuschauer ein Vorwissen voraus oder aber provozieren eine Nachbearbeitung, ein Nachschlagen und Innehalten. Das wirkt ökonomisch verdichtet und sehr rhythmisch, einerseits beschleunigt und doch auch konzentriert. Für die zwischen 1970 und 1987 für das DEFA-Dokumentarfilmstudio entstandenen Arbeiten, die anlässlich Koepps 70. Geburtstages jetzt als Doppel-DVD unter dem Titel „Landschaften und Porträts“ erschienen sind, ist der Wechsel zwischen Ruhe und Bewegung konstitutiv. Die mannigfaltigen Beziehungen zwischen erinnerter Geschichte und erlebter Gegenwart, zwischen Mensch und Natur spiegeln sich darin. „Und immer greift die alte Zeit in die neue“, heißt es in dichterischer Anmutung, während die meist von Christian Lehmann geführte Kamera mit Schwenks und Travellings die Gegend erfasst. Ganz organisch, einem mehr poetischen Organisationsprinzip folgend, verbindet Koepp Bilder und Worte.
Dabei ist sein Blick nach Osten gerichtet, auf Gebiete diesseits und jenseits alter und neuer Grenzen. Der renommierte Filmkritiker Peter W. Jansen beschreibt das eingangs seines „Ostwärts“ betitelten Essays, der die Veröffentlichung ergänzt und bereichert, folgendermaßen: Koepps „Revier ist das Baltische Meer, sein Fluss die Gilge und seine Insel Rügen, seine Alpen sind die sanften Bodenwellen der Uckermark und die Dünen der Kurischen Nehrung, seine Heimat ist Vineta.“ In den insgesamt vierzehn, unter die Überschriften „Landschaften“ und „Porträts“ aufgeteilten Filmen reist der Filmemacher mit seinem Team unter anderem nach Memleben im Unstruttal, ins mecklenburgische Bad Doberau oder auch, den Spuren des Dichters Johannes Bobrowski folgend, nach „Sarmatien“. Über die Vorbereitung seiner vier Landschaftsfilme „Das weite Feld“, „Hütes-Film“, „Am Fluss“ und „In Rheinsberg“ sagt Volker Koepp in einem Interview, das ebenfalls im beigefügten Booklet abgedruckt ist: „Ich nahm die Landkarte, machte einen Zirkelschlag und drehte im Oderbruch, in einem Dorf bei Gransee, dann südlich von Berlin, in der Vorderröhn, im südlichen Thüringen und in Rheinsberg.“
Dabei sucht er immer wieder die Verbindung zwischen den Menschen und den sie umgebenden Landschaften, deren wechselseitige Veränderungen tief in die Geschichte eingegraben sind. Koepp folgt aber auch Erinnerungs- und Lebensspuren, die sich den Gesichtern der Portraitierten eingeprägt haben und in ihrer Arbeit Ausdruck finden. Immer wieder sehen wir deshalb Menschen auf der Landwirtschaft, im Bergwerk oder auch in einer Schweißerei bei der Arbeit, die sich unter den Bedingungen des Sozialismus und der Technisierung verändert hat. Zwischen Zeitgeist und Tradition, kulturellem Wandel und Heimatverbundenheit suchen die Menschen nach Orientierung und zeigen sich dabei erstaunlich flexibel; auch dort, wo nicht alles zum Besten steht und Verwerfungen und Verluste überwiegen. „Wie soll der Mensch leben?“, fragt Koepp einmal in seiner unnachahmlichen Art jenen Schäfer aus dem Unstruttal, der sich in besonderer Weise mit der Natur verbunden weiß. Vielleicht „segellos in der Strömung“, wie es in einem zitierten Vers Bobrowskis heißt, zu dem wiederum J. S. Bachs Orchestersuite „Air“ erklingt.
Als Gegenentwurf zu dieser Sicht erscheint vor allem in der „Porträt“-Reihe der sozialistische, kämpferische Mensch, der im Kurzfilm „Junge Leute“ (1970) nach seinen „täglichen Taten“ gefragt wird. „Nach vorne denken, ist Pflicht“, heißt es dazu unverhohlen propagandistisch. Oder auch: „Das Erforderliche tun und etwas darüber hinaus.“ „Ideologische Unklarheit“ und eine „laxe Einstellung zum Volkseigentum“, so der Vorwurf an die Mietschuldner im entsprechenden „Belehrungsfilm“, „passen“ demgegenüber „nicht in unsere Zeit“. Koepp lässt hier vor allem die Ankläger und „Aufklärer“ sprechen, dokumentiert sachlich und gewährt damit einen Einblick ins politische System der DDR. Bobrowskis Worte „Ich bin ein Mann, der seine Kinder aufzieht für eine Zeit ohne Angst“ aus dem Film „Grüße aus Sarmatien“ (1972/73) wirken demgegenüber geradezu als Gegengift. Die Spannungen zwischen Politik, Leben und Arbeit setzen sich schließlich fort in den Porträtfilmen „Tag für Tag“ (1979) über die Schweißerin Karin Reier und in „Haus und Hof“ (1980), in dessen Mittelpunkt die Agrarwissenschaftlerin Isolde Sperling und ihre beruflichen Konflikte stehen. Im Hinblick auf das Ringen um die „wahre Kunst“ wird dieser Themenkomplex schließlich erweitert in den Künstlerportraits, die dem marxistischen Filmemacher Slátan Dudow sowie dem Dichter Erich Weinert gewidmet sind, der sich selbst einmal als „roter Feuerwehrmann“ bezeichnet hat.