Verleugnung auf allerlei Ebenen! Vergasungen haben in Auschwitz nicht stattgefunden, weil’s keine Gaskammern gab – sagte vor 30 Jahren David Irving, Geschichtswissenschaftler mit vielen Followern. – Gelogen, wir wissen’s längst. Die amerikanische Professorin Deborah E. Lipstadt sagt es ihm. Er, der Leugner, verklagt sie wegen Verleumdung.
Zuständig ist ein britisches Gericht. Dort im Lande gilt was Besonderes: Der Kläger legt die Hände in den Schoß, der Beklagte muss beweisen, dass der Leugner Unrecht hat. Der historische Prozess beginnt.
Wir haben Anfang des Jahrtausends. Wir erfahren alles über das englische Justizsystem. – Gähn, ist das spannend? Ist es. Weil ‚Verleugnung‘ kein Belehrungsfilm aus der deutschen Gremienkultur ist – die wird glatt verleugnet –, sondern ein Unterhaltungsfilm. Voll das Entertainment. Leute, guckt euch den britischen Kronanwalt an, der der Angeklagten, von der Beweislast schier erdrückt, schließlich zum Sieg über den Leugner verhilft. Voll sympathisch der Mann. Der Film widmet sich ausführlich seinem Alkoholkonsum. Halbes Dutzend südenglische Weinflaschen den Tag? Wohin führt das? Zu Spitzenleistungen im Beruf! Er ist einfach der Beste, und Irving liegt am Boden.
Der Film zeigt Spitzencharaktere von – übertreiben wir ein klein bisschen – Shakespeareschem Format, und wieder sind die deutschen Belehranstalten verleugnet. Also: eine wahre Geschichte, beste Unterhaltung vor topernstem Hintergrund. Das gilt für alle Akteure. Sie kommen persönlich nahe, und was sie transportieren, kommt hinterher. Ja, den Holocaust gab es. Und das britische Justizsystem ist verbesserungswürdig (dem Angeklagten müsste die Schuld nachgewiesen werden, nicht umgekehrt).
Aber: In ‚Verleugnung‘ beweisen die Schauspieler in erster Linie sich selbst, alles andere folgt; zum Schluss Verneigung und Applaus. Regisseur Mick Jackson hat dafür ein anderes pathetisches Bild gefunden, eben nicht Vorhang zu, sondern Küsschen der Schauspieler auf offener Bühne. Passt doch!
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Konkret