„Produktion und Essen sind wie zwei getrennte Universen“, sagt der Wiener Dokumentarfilmregisseur Nikolaus Geyrhalter. Sein vielfach ausgezeichneter Film „Unser täglich Brot“ zeigt deshalb die Lebensmittelindustrie als eine fast unwirklich erscheinende Parallelwelt: ein geschlossenes System, wo das Alltägliche und Naheliegende ins Verborgene abgerückt ist. Dieser Abstand markiert einen beunruhigenden Grad der Entfremdung des Menschen von seiner Nahrung und macht zugleich seine Verdrängungsleistung sichtbar. Geyrhalters filmische Bestandsaufnahme ist insofern der nüchterne Versuch, ein möglichst sachliches Bild dieser weitgehend unbekannten Produktionszone für die Nachwelt zu speichern. Daneben geht es ihm aber auch darum, beim Zuschauer das Bewusstsein für die Herkunft von Nahrungsmitteln zu wecken.
Minutenlang blickt die Kamera in unbewegten Einstellungen und dabei oft in der Totalen auf riesige Obst- und Gemüseplantagen, in Gewächshäuser und Aufzuchthallen, auf Getreidefelder und in automatisierte Schlachtbetriebe. Sie begibt sich in das Innere eines Schweinetransporters, in Labors und Steuerungszentralen. Sie blickt in kalte, technifizierte Fabrikhallen, auf Fließbänder und überdimensionale Arbeitsgeräte. Kein Kommentar begleitet den Wechsel der Bilder, die sich gefühllos aneinander reihen und in denen der Bildinhalt, verloren im Raum, zu einer manchmal fast abstrakten Größe wird. Hinter den gewaltigen Ausmaßen lauert eine anonyme Macht, die sich längst verselbständigt hat. So liegen auch in Geyrhalters Film Schrecken und Faszination nahe, mitunter vielleicht zu nahe beieinander. Der Blick des Filmemachers, seine mitleidlose Totalität, ist selbst machtvoll; und die erlesene, distanzierte Fotografie im Verbund mit einem getragenen Rhythmus, verlängert die abgerückte, kalte Rationalität ins quasi Objektive.
Dass „Unser täglich Brot“ trotzdem nicht einfach konsumierbar ist, liegt am Sujet. Wie schon „We feed the world“ von Erwin Wagenhofer zeigt auch Nikolaus Geyrhalters Film Pflanzen und Tiere als entindividualisiertes Material in einem standardisierten, wirtschaftlich optimierten Herstellungs- und Verwertungsprozess, der sich bezeichnenderweise in der Arbeit selbst widerspiegelt. Ständiger Überwachung und Kontrolle unterworfen, zählen bei der maschinellen Verarbeitung des Lebendigen, gemessen am Profit, allein die Kriterien der Effizienz. Und es sieht nicht danach aus, als gäbe es einen Weg zurück.