Dass Märchen von Sexualität erzählen, ist nicht neu, genauso wenig wie die industrielle Verwurstung von Rotkäppchen und Co. in Sexfilmen aller Art. Die japanisch-deutsche Koproduktion „Underwater Love“ von Shinji Imaoka versucht sich nun an einer Variante des Märchens vom Froschkönig, inszeniert als Softporno-Musical. Genauer gesagt – da legt der deutsche Verleihtitel Wert drauf – handelt es sich bei „Underwater Love“ um einen Pinkfilm, einer Art japanischer Sexploitationfilm. Das Genre hat viel Schund hervorgebracht, wird aber vor allem immer wieder gerühmt für seine Vertreter, die es schaffen, Pornofilm und anspruchsvolles Kunstkino miteinander zu verbinden. Vor allem in den Sechzigern und Siebzigern dominierte der Pinkfilm das japanische Kino, der Markt war groß und die Produktionsmethoden des Pink Eiga gestanden den Filmemachern viele Freiheiten zu, wenn sie von der Grundformel aus niedrigem Budget, schnellen Dreharbeiten, kurzer Laufzeit und einer Mindestanzahl an Sexszenen nicht abwichen.
„Underwater Love“ will nun einerseits an diese Tradition anknüpfen und andererseits das Genre des Pinkfilms mit neuen Impulsen versehen. Sich auf die Produktionsbedingungen des Pinkfilms zu beschränken, ist aber insofern problematisch, als dass es hier beliebig und unmotiviert wirkt; das Halten an den Konventionen ist kein Zugeständnis an die Dominanz eines Genres, da diese längst Geschichte ist und auch nur auf die japanische Filmindustrie beschränkt war. Der selbstauferlegte Zwang ist vielmehr ein Distinktionsmerkmal, über das sich der Film profilieren will, der Pressetext wird nicht müde zu betonen, dass es sich bei „Underwater Love“ um ein „Novum in der Filmgeschichte“ handelt und die Kritiker stimmen mit ein, wenn sie ihn als „einmalig“ und „unklassifizierbar“ betiteln. Solche Superlative und Einzigartigkeitsurteile helfen bei der Diskussion eines Films nicht weiter und blenden das aus, an dem sie vorgeben interessiert zu sein: Filmgeschichte.
Fatal ist nicht nur, dass der Bezug zum Pinkfilm zur leeren Pose verkommt, sondern auch, dass „Underwater Love“ kaum Freiräume findet, in denen die Kreativität und Experimentierlust der besseren Pinkfilme zum Ausdruck kommt. Skurrilität und Originalität bleiben immer bloße Behauptung, wenn man einen Film nicht nur deshalb für kurios hält, weil er aus Japan kommt oder alleine die Idee von einem Märchen-Porno-Musical für total abgedreht und einzigartig hält (Bud Townsend hat das 1976 mit „Alice in Wonderland“ weitaus amüsanter umgesetzt). So reiht der Film wahllos harmlose Gags und Obszönitäten aneinander, die in ihrer Häufung wenn nicht abstoßen, dann zumindest bald langweilen. Wo der riesige, dildohafte Penis des Kappas, einer anthropomorphen Schildkröte, die hier den Froschkönig gibt, beim ersten Mal vielleicht noch für ein Schmunzeln sorgt, so hat man spätestens genug, wenn die Protagonistin Asuka sich vor dem Analverkehr auch noch eine faustgroße „Analperle“, die eigentlich bloß eine Variation des Kappapenis ist, einführen muss.
Ein wenig erinnert Asuka, die als Arbeiterin in der Fischfabrik ihres Verlobten arbeitet, an eine der Frauengestalten aus den Filmen Lars von Triers, ihre Erfüllung erfährt sie passenderweise in einem idyllischen Wald, am Busen der Natur. „Underwater Love“ – und da ist der Film dem Fischfabrikanten (auch ein Verwurster) ähnlich – verlangt nach einem Minimum an Sex, also muss Asuka immer wieder ran. Nicht bloß beim Finale im Wald, als sie versucht, ihre verstorbene wahre Liebe, besagten Kappa, mit Analsex wieder zum Leben zu erwecken, wirkt der Geschlechtsakt wie eine Dienstleistung am Mann. Auch wenn Asuka sich von ihrem Verlobten rammeln lässt, weil der es grade braucht, oder um ihn vom Schildkrötenmann im Badezimmer abzulenken, ist der Sex ein Akt der Aufopferung. Da ist man auch als Zuschauer froh, wenn statt Kopulation eine Musicaleinlage angesagt ist, besonders wenn Hauptdarstellerin Sawa Masaki ein Tänzchen zur Musik von Stereo Total improvisiert und dabei sichtlich Spaß hat. Aufatmen.