Ein Feuerwehrcaptain (Anthony LaPaglia) aus dem New York nach dem 11. September 2001: Verstört, aufgewühlt, ins Mark getroffen: 14 seiner Leute des NYFD sind von ihrem Einsatz in den zwei Türmen nicht mehr zurückgekehrt. Er muss eine Trauerrede halten, aber er weiß nicht, wie er seine Gefühle in Worte fassen kann, denn er ist ja auch ein Mann der Tat, einer dieser unauffälligen Helden des Alltags, die – weil zwei Flugzeuge in zwei Häuser flogen – zu Märtyrern wurden, und zu Stars, die der Präsident auf den Trümmern der Türme in den Arm schloss, für die und deren Hinterbliebenen andere Stars Wohltätigkeitskonzerte gaben.
Der Captain wendet sich an eine Professionelle, eine Journalistin (Sigourney Weaver), ihm seine Trauerrede zu schreiben. Sie, die bisher mit der Distanz der Intellektuellen auf die Katastrophe sah, lässt ihn erzählen, notiert sich Stichwörter, um diffusen Schmerz in professionelle Worte umzuwandeln. Sie erfährt, wie diese Männer waren, technisch einfallsreich, witzig, Anführertypen, verschroben, Heißsporne, Kochkünstler, ein „toller Haufen von Typen“, die „den besten Job machten, den es gibt“ – „heute würde ich sagen, den wichtigsten Job“, korrigiert er sich, und sie schaut ihm in die irischen (oder italienischen? jedenfalls amerikanischen) Feuerwehr-Augen (die meisten der „Guys“ sind irischer Abstammung) und stellt fest: was ich hier mache, ist keine professionelle Auftragsarbeit, und dieser Mann ist nicht nur Feuerwehrmann, sondern ein Mensch, ein einfacher Mann des Volkes, dieses unseren Volkes, und sie stellt fest: unser New York und unser Land ist voll mit unauffälligen, einfachen Menschen, die ihre Arbeit tun für unser Land, die selbstlos in den Tod gehen für die anderen einfachen Menschen in unserem Land. Und da, endlich, mitten im professionellen Vortrag ihres professionellen Textes, bricht sie in Tränen aus. Die Message, ihre eigene, ist bei ihr selbst angekommen, das Klischee vom einfachen Mann, das in keinem professionellen Nachruf fehlen darf, funktioniert so gut, dass die Promoterin der Trauer selbst drauf reinfällt.
„The Guys“ gibt vor, den Schmerz über an die 3000 Tote in einen Schmerz über echte Individuen, hier herausgegriffen nur vier oder fünf Feuerwehrmänner, echte Menschen, zu verwandeln und so vom Abstrakten zum Begreifbaren zu gelangen. Aber, und das ist das wirklich Traurige, eben das tut Jim Simpsons Film nicht. Er ruft zwar Bilder individuell verschiedener Menschen wach, aber diese Bilder gehen dabei kein einziges Mal über das hinaus, was man nicht schon aus dem Kino kannte, aus Feuerwehr-Filmen wie „Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen“. Diese schmerzlich vermissten Menschen sind nicht mehr als Typen, eben „Guys“, wie es der Filmtitel unfreiwillig schon verrät, Feuerwehrtypen, auch schon vor dem 11. September mit dem Heldenmythos behaftet, und wie man sieht: hinterher erst recht. Nicht als Menschen sind sie gestorben, sondern als Menschen, die Feuerwehrmänner waren, als Volks-Helden, und deshalb darf auch sinnvoll geweint werden.
Die diffuse, bodenlose individuelle Trauer über den unerklärbaren Tod unzähliger Individuen wird in „The Guys“ in eine sinnhafte, öffentliche, nationale Trauer kanalisiert, und so ist „The Guys“ nicht Trauerarbeit, sondern Propaganda für eine Politisierung des Privatesten, Okkupation des Privatesten durch das Öffentliche. Bestenfalls eine Flucht aus der Unfähigkeit zum Trauern, schlimmstenfalls das Einstimmen auf den Krieg. Wenn Trauer über den Tod eine explizit amerikanische Eigenschaft ist, – und die Trauer in „The Guys“ ist eben in erster Linie ein nationales Ereignis – dann ist vielleicht die Trauer über den Bombentod von Babys in Bagdad eine andere Art von Trauer, vielleicht auch traurig, aber ist sie vergleichbar?
Sigourney Weaver sagt im Film: „Nach dem 11. September ist der Jazz aus dieser Stadt verschwunden.“ Irgendwie wirkt sie dabei, als fände sie das nicht nur schrecklich …