„Spring Break Forever“ lautet das psychedelisierende Mantra von Harmony Korines Anti-Pop-Märchen „Spring Breakers“. Die ungezügelte Lust vier junger Mädchen aus dem amerikanischen „heartland“ auf rauschhafte Bewusstseinszustände führt Korines Protagonistinnen in die Dauerbespaßungshölle jugendlicher Selbstentgrenzung. Der titelgebende „Spring Break“ markiert im Lehrplan amerikanischer College-Studenten das alljährliche Initiationsritual der niederen Instinkte: Sex, Alkohol und Drogen unter der Sonne Floridas, eine Art Ballermann für die verzogenen Wohlstandsgören am Übergang in die geregelten Biografien. Die hochgradig verstrahlten Frühjahrsfestivitäten stellen einerseits also einen Abschied dar, vom Elend der Provinz (ein „neues Leben“ imaginiert sich Faith, die Jüngste der Vier), und gleichzeitig eine Initiation. Das unausweichliche Erwachsenwerden ist die Kehrseite des „Spring Break“-Exzesses, an dessen Ende bestenfalls ein Platz im Humankapitalzoo winkt.
Korine wendet diese gesellschaftliche Zurichtungslogik konsequent in ihr Gegenteil, weil er seine Protagonistinnen zwar aus der Provinz befreit, ihnen den Übergang allerdings verwehrt. Sie stranden – mit Geld aus einem Raubüberfall – im „Spring Break“-Irrsinn, landen im Knast, werden von einem bizarren, drogendealenden Gangsterrapper namens Alien (James Franco mit Flechtfrisur und einer Metallbeißleiste, die Busta Rhymes und ODB neidisch machen würde) rausgehauen und enden, weitab von der knallbunten Fantasiewelt aus Wet-T-Shirt-Wettbewerben und Komasaufen, in einem düsteren Zwischenreich, in der nur noch die plötzlich seltsam deplatzierten Neon-Bikinis strahlen. Der Exzess der Party ebnet dem Exzess der Gewalt den Weg, und die Mädchen lassen sich seltsam fasziniert von dem charismatisch-debilen Alien mitreißen. Seelenverwandte nennt er seine „bitches“ und die geben nur zu gerne die „bösen Mädchen“ einer mittelprächtigen Gangsterrapper-Fantasie – respektive: der Fantasie eines auf Krawall gebürsteten Hipster-Regisseurs.
Korine hat dieses Moment des Übergangs implizit in seiner Geschichte verankert. Zwei der Darstellerinnen, Selena Gomez und Vanessa Hudgens, haben eine Vergangenheit beim Disney-Channel, ihre Figuren folgen also denselben Abnabelungsmechanismen, die sie selbst mit ihrer Rollenwahl vollziehen. Einem anderen Disney-Sternchen, Britney Spears, wird mit einer schmalzigen Piano-Ballade vorm Sonnenuntergang Reverenz erwiesen. Korine bedient sich einer eindeutigen Bildproduktion, entschärft die Fallen der Wahrnehmung aber durch forcierte Unterspielung. „Spring Breakers“ ist nicht hemmungslos geil, sondern hoffnungslos abgefuckt.
Dieser Text erschien zuerst in: Pony #81