Die kleine Retro-Welle bewusst altmodischer und gradlinig körperbetonter Actionfilme wie „Drive“, „Jack Reacher“ oder „Parker“ und der überraschende Erfolg augenzwinkernder Rentner-Utopien wie „The Expandables“ verhilft auch Altmeister Walter Hill zu einer überraschenden Rückkehr ins Kino. Von Hill, der seine ganz große Zeit zwischen 1978 („Driver“) und 1989 („Und wieder 48 Stunden“) hatte, war in den vergangenen Jahre nicht mehr viel zu sehen, abgesehen vielleicht von seiner Regie bei der ersten Episode der Western-Serie „Deadwood“.
Zu seinen Glanzzeiten allerdings setzte Hill Maßstäbe im Actionkino, schrieb Drehbücher für Sam Peckinpah, drehte Spätwestern wie „Long Riders“, brachte den Vietnamkrieg in die Everglades („Die letzten Amerikaner“), erfand das Buddy Movie („Nur 48 Stunden“, „Red Heat“), injizierte dem Actionfilm Elemente des Pop-Musicals mit Videoclip-Ästhetik („Straßen in Flammen“) und antizipierte das Resultat von Mickey Rourkes Schönheitsoperationen in „Johnny Handsome“.
Der zuverlässige Handwerker Hill, mittlerweile 71 Jahre alt, lieferte seinerzeit Steilvorlagen für die Karrieren von Darstellern wie Charles Bronson, Willem Dafoe, Eddie Murphy, Arnold Schwarzenegger, Nick Nolte oder Bruce Willis – da passt es wie die Faust aufs Auge, wenn er in „Shootout – Keine Gnade“ erstmals mit Action-Ikone Sylvester Stallone arbeiten konnte.
Der spielt in dieser Verfilmung eines französischen Comics mit dem schönen Titel „Du plomb dans la tete“ einen alternden Auftragskiller namens James Bonomo, genannt Jimmy Bobo. Bobo ist zwar ein mit allen Wassern gewaschener Profi, macht aber gleich zu Beginn einen Fehler, als er die Zeugin eines Mordes am Leben lässt. Für diese kleine Schwäche muss sein junger Partner mit dem Leben bezahlen – und Bobos Name steht nun auch auf der Liste eines wirklich fiesen Killers (Jason Momoa). Doch der lässt sich davon nicht beindrucken, sondern startet einen Rachefeldzug. Man kann sagen: „Shootout“ sieht aus wie ein Stallone-Film von circa 1986, nur mit einem Stallone in der Hauptrolle, der nur 4 Jahre jünger als sein Regisseur ist.
Stallone sieht mittlerweile auch so alt aus, wie er ist, nur eben mit einem aufgepumpten Oberkörper. Ziemlich lächerlich also, geht aber als Comic-Figur á la Wastl durch. Es spricht für Hills Haltung, dass er gar nicht erst versucht, dem Genre mit Innovationen zu kommen. Er verlässt sich lieber auf all die Zutaten, mit denen er auch schon Mitte der 80er Jahre Erfolg hatte.
Da ist der wortkarge Gangster Bobo mit seinem altmodischen Ehrenkodex. Da ist seine hübsche Tochter (Sarah Shadi), die ihn erpressbar macht. Da ist der alerte, junge Bulle Taylor Kwon, der zu jedem Problem erst einmal sein Smartphone befragt, während Bobo lieber wortlos und ohne großes Aufheben von der Waffe oder den Fäusten Gebrauch macht. Kurzum: der Gangster und der Bulle müssen sich wohl oder übel zusammenraufen, um einer Bande von skrupellosen Immobilienspekulanten (Christian Slater ist auch mit von der Partie!) das Handwerk zu legen, die New Orleans auch ohne Bahnhofsprojekt zu gentrifizieren versuchen.
Zum Grande Finale gönnt sich Hill ein dynamisches Axt-Duell, was direkt aus „Straßen in Flammen“ stammen könnte. Bruchlos fügt sich herrlich altmodische Rockmusik ins Bild einer knurrigen Kritik der Gegenwart im und vor dem Kino.