Wer sich über die Dummheit unserer Glaubensfanatiker amüsieren möchte, kommt garantiert auf seine Kosten. Und das Beste ist, dass sich die Fundis von George W. Bush bis Osama bin Laden vor der Kamera lächerlich machen. Der Film formatiert sie zu ulkigen Gästen in TV-Shows, Einspielung oder Auftritt, Abtritt, der nächste bitte. Und in der Tat ist Moderator Bill Maher beliebter Showmaster mit 21 Emmy-Nominierungen. Kompagnon Larry Charles hatte inzwischen den legendären „Borat“-Film gemacht.
Jetzt also der Dokumentarfilm über den organisierten Hyperfiktionalismus. Gott und Allah lassen sich nicht überbieten, und wir wissen es, sobald wir im System drin sind. Maher und Charles wissen es auch, reisen wie Borat herum, lassen sich vorgeblich affirmativ aufs Gegenüber ein und verleiten zu törichten Statements. Wer das goutiert, sitzt virtuell im Showpublikum und haut sich auf den Schenkel. Nur zu! Der Papst inszeniert sich mit a little help vom Filmschnitt als Rockstar. Ha! In der Muslim Gay Bar in Amsterdam: „Ich hasse keine Schwule. Gott hasst sie.“ Ha! Vor den Kameras küsst der verrückte Rabbi den Holocaustleugner Ahmanishabad. Ha!
TV-mäßig werden die vielen Selbstdarstellungen moderiert. Jetzt wird es im Off Ernst. „Religion ist Opium fürs Volk“, hätten schon die Gründerväter der USA gewusst (offenbar alles Marxisten). Das Weltende naht? – Es ist schon da! Gletscher tauen. Twin Towers stürzen. Alles Gegenwart. Wieder erhebt Moderator Maher mahnend den Finger. „Don’t lecture!“ sagt er noch, ganz Profi, der Lacher gewiss. Dann aber kommt das Manifest gegen organisierte Religiosität (sowie gegen den Klimawandel, wäre zu ergänzen): „Go up or die!“ Kämpfen oder sterben! Ende des Wortschwalls.
Aktiver Eulenspiegel und Identifikationsfigur Borat hatte sich mit dem Vorgängerfilm ins kollektive Filmgedächtnis eingegraben. In „Religulous“ werden wir dagegen als Opfer des Religionsfundamentalismus angesprochen. Der Glaube des Bibelgürtels soll wanken. Drum, lieber Konkretleser, wenn Sie Mormone sind und sich darauf freuen, nach mustergültigem Familienleben von Gott einen Planeten zugewiesen zu bekommen, auf dass Sie, auch liebe Leserin, dort gottgleich herrschen, – wenn das so ist, sind Sie nach dem Filmbesuch nicht mehr sicher, dass es sicher ist. Stimmts?
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Konkret 04/2009