„Wir werden trainieren, bis die Schwarten krachen und die Kilos purzeln“, dekretiert der autoritäre Sport- und Fitnesslehrer (Michael Thomas) eines sogenannten Diätcamps gegenüber den übergewichtigen Neuankömmlingen der wie aus der Zeit gefallenen Einrichtung. Mit Trillerpfeife, im Kommandoton und mit militärischem Drill fordert der sadistische Einpeitscher uneingeschränkte Disziplin und Unterwerfung im Dienst der Arbeit am überforderten, trägen Körper. „Rein in die Folterkammer!“, lautet etwa ein Befehl, der diese Erziehungsanstalt als Straflager ausweist und die in ihm exekutierten Formen körperlicher Zurichtung als potentiell faschistisch identifiziert. Regelverletzungen werden drakonisch bestraft, der Tagesablauf ist streng reglementiert und für Telefongespräche nach draußen gibt es eine sogenannte „Handy Time“.
Der österreichische Regisseur Ulrich Seidl hat mit „Paradies: Hoffnung“, dem abschließenden Teil seiner „Paradies-Trilogie“ eine Art Internats- bzw. Gefängnisfilm gedreht. Auf langen, hellen und vor allem leeren Fluren sind die Gruppenzimmer mit ihren Stockbetten wie Zellen angeordnet. Die darin herrschende Enge bildet ebenso einen irritierenden Kontrast zur Dominanz des Raums wie die übermächtige Stille, die jeden auffälligen Laut sofort als Abweichung und Übertretung anzeigt. Seidls präzise und bei aller Reduktion höchst mitteilsamen Bildkompositionen erfassen diese Formen der Internierung und Kontrolle in frontalen Ansichten und Symmetrien.
Die rigorose Körperarbeit, der die Mädchen und Jungen – alles Teenager – unterworfen sind, setzt diese Zwänge in den gleichgeschalteten Bewegungen und ihrer Anordnung im Raum fort. Dahinter formiert sich allerdings kein Widerstand oder gar eine Revolte. Vielmehr blendet Seidl äußere und innere Gefangenschaft ineinander: Viele der internierten Jugendlichen sind Scheidungskinder, die sich in ihrem Körper unwohl fühlen und überdies in die Wirren der Pubertät verstrickt sind. Das bekommt besonders die 13-jährige Melanie (Melanie Lenz) zu spüren, als sie sich in den gelangweilten Anstaltsarzt (Joseph Lorenz) verliebt. In Andeutungen, schwärmerischen Blicken, verschämten Gesprächen mit der Freundin, merkwürdigen Doktorspielen und einem die verbotene Annäherung sublimierenden Fetischismus erzählt Seidl von einer unmöglichen Beziehung und tiefem Liebeskummer. Wie zwei Tote liegen die beiden als ungleiches Paar einmal auf dem Waldboden nebeneinander. Für fast alles zwischen ihnen, was ihre Sehnsüchte, Zweifel und Hemmnisse erklären könnte, fehlt eine Sprache. Und diese Sprachlosigkeit fügt den Gefängnissen ein weiteres hinzu.