Am Ende ist alles gut. Zumindest bei den großen Animationsfilmen, die oft einen Hang zum Essentialistischen haben und immer noch am liebsten von richtigen Prinzessinnen, richtigen Jungen und der einzig wahren Liebe erzählen. Das Ganze wird natürlich immer wieder geupdatet, deshalb kann die Prinzessin jetzt auch mal schwarz sein und der Junge ein Roboter, sogar ogersexuelle Paare dürfen ja mittlerweile heiraten. Die Botschaft ist: Egal wer ihr seid, findet es raus und dann ab auf euren Platz. Familie gründen, den Planeten retten. Baby, you were born this way.
Anders beispielsweise „Mind Game“: Der Film erzählt sich nicht von A nach B, Anfang und Ende bleiben offen, dazwischen gibt es Ellipsen, Loops und Flashbacks. Und immer wieder Konjunktive, wie man sie in dieser Fülle vielleicht noch aus Joachim Triers „Auf Anfang“ kennt. „Mind Game“ ist ein einziges Abklopfen und Zelebrieren von Möglichkeiten, Gott (oder besser: „Gott“) ist hier passenderweise auch kein unbewegter Beweger, sprich Animator, sondern selbst ein Cartoonwesen, das im Sekundentakt die Gestalt wechselt. Noch wildere Animationen hat da bloß die fantastische Sexszene zu bieten, die mehr Animationsstile verbindet als so manche Trickfilmanthologie.
„Mind Game“ zeigt immer wieder Geburten (auch Wiedergeburten) und Schöpfungen in allerlei Varianten. Kinobilder, Träume, Kochkunst und Popowackeln als Ausdruckstanz verweisen ebenso wie die stilistische Vielfalt aus 2D, 3D, Rotoskopie und Zeichentrick immer auf ein Mehr an Möglichkeiten, auf Ungezeigtes und Vergessenes. Wo die Produktionen von Pixar, Ghibli und Co. sich damit begnügen sentimentale Welten heraufzubeschwören und in Nostalgie schwelgen, da stagniert der Animationsfilm zumindest in künstlerischer Hinsicht und verkommt zu perfekt inszenierter Familienunterhaltung mit pädagogischer Moral. Und wo einst Dumbo im Alkoholrausch zumindest noch die Parade der rosa Elefanten erleben durfte, da hat die kochende Ratte in „Ratatouille“ beim Verzehr von Gemüse bloß noch ein paar lahme Farbkleckse vor ihrem inneren Auge. Was Animation sein kann, zeigt „Mind Game“. Ein möglicher Anfang.
Zur DVD:
Bild und Ton sind einwandfrei, neben der deutschen Tonspur findet sich auch der japanische Originalton samt optionalem deutschem Untertitel auf der DVD. Als Extras gibt es Trailer, Interviews, Einblicke in den Animationsprozess und Musikvideos.