Liebe geht durch den Magen und Kochen ist stets eine Erinnerung. Das gilt für den jungen Hassan aus Mumbai umso mehr, als sein Talent für Garzeiten und Gewürze früh von der eigenen Mutter entdeckt und gefördert wurde, die dann allerdings auf tragische Weise Opfer der Politik wurde. Die Hinterbliebenen machen sich auf nach Europa, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Im Gepäck des klapprigen Kleinbusses nur sehr viel Optimismus und eine Kiste mit Mutters geheimnisvollen Gewürzmischungen.
Ausgerechnet dort, wo Südfrankreich besonders pittoresk ist, macht das Vehikel schlapp, was das Familienoberhaupt, der dickköpfige Papa, gleich für einen Wink aus dem Jenseits nimmt. Hier wird man ein Restaurant eröffnen! Dumm nur, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Sterne-Restaurant „Le Saule Pleureur“ liegt, das von der gestrengen, traditionsbewussten und auch etwas blasierten Madame Mallory geleitet wird. Sie legt keinen Wert auf ein kunterbuntes indisches Restaurant, weil es die falsche Kundschaft in die Gegend lockt. Man bleibt lieber unter sich.
Es beginnt ein stark komödiantisch gezeichneter Kampf der Kulturen, unterfüttert von romantischen Momenten, denn Hassan verliebt sich sogleich in die ehrgeizige und bildhübsche Sous-Chefin von Madame. Amüsant, wenn das aufgesetzte Traditionsbewusstsein der französischen Haute Cuisine achselzuckend mit dem Hinweis auf das Jahrtausende alte Wissen der ayurvedischen Küche ausgekontert wird! Schluss mit lustig ist erst, als der Kampf der Kulturen nicht länger um die richtige Wachtelbrust-Zubereitung kreist, sondern rassistisch-politische Obertöne bekommt. Jetzt wandelt sich Madame Mallory unversehens vom Saulus zum Paulus – und Helen Mirren darf endlich ins sympathisch-menschelnde Fach wechseln, wo sich vielleicht selbst für Papa noch ein Platz in ihrem großen Herzen finden lässt.
Für Hassan jedoch beginnt erst jetzt die entscheidende ausgedehnte Bildungsreise, die ihn zunächst nach Paris und dann aufs forciert-dekadente Hochplateau der Molekularküche führt, wo Mütterchens Gewürzmischungen problemlos reüssieren. Die Weltkarriere lockt, doch dann obsiegt der Charme der Provinz, wo sich eine überraschende Chance bietet, die alle Erzählfäden auf das Feinste zu einem passenden Sonnenuntergang verknüpft.
Leider erzählt dieser märchenhafte Film mit bunten Bollywood-Momenten von Toleranz und Identitätsfindung im Sterne-Milieu mit den Überraschungseffekten und Geschmackssensationen von Convenience-Food, garniert mit etwas Romantik und Starbesetzung. Wäre die Botschaft vom talentierten Asylsuchenden, der der Kultur des Einreiselandes aufgrund seines Talentes einen dekorativen Farbtupfer verleiht, nicht so unverhohlen reaktionär, man könnte diesen Film für seine eigene Parodie halten. Merke: Wenn gar nichts mehr geht, geht immer noch ein romantisch-sentimentaler Multikulti-Film mit bildfüllender Kulinarik.
Apropos Erinnerung: Man mag gar nicht daran erinnern, dass Lasse Hallström einst seine Karriere mit dem großartigen „Mein Leben als Hund“ begann. Des Filmemachers eigene Erinnerung reicht offenbar nur noch bis „Chocolat“ zurück, dessen zuverlässige Rezeptur hier zynisch aufgewärmt worden ist. Man wendet sich mit Grausen und schwerem Magengrimmen ab von derlei überzuckertem Autopilot-Kino.