„Meier“, eine Mauerkomödie der anderen Art (1986), und „Liebe Mauer“, eine Mauer-Love-Story der bekannten Art (2009), beides gedreht von Peter Timm („Go Trabi go“) mit 23 Jahren Abstand. „Liebe Mauer“ wird am 27.08.2010 auf DVD und Blu-ray erscheinen und das hamburger Kino 3001 zeigt demnächst beide Filme im täglichen Wechsel. Machen wir uns den Spaß, vergleichen wir sie.
„Meier“, produziert drei Jahre vor der Wende in der BRD. Demgemäß ist keine Aufarbeitung zu befürchten. Regisseur Peter Timm, geboren in der DDR, ausgewiesen 1970, hält sich an das, was er beschreiben und verarschen und lieben kann. Ja, er hat was übrig für die DDR, genauer für die Menschen, die dort arbeiten und leben und fantastische Subversivität entwickeln, um was zu produzieren. „Meier“ ist auch ein Arbeiterfilm. Und es gibt ihn, den Meier. Er führt eine Tapezierbrigade an. Mit seinen Kumpeln kommt er bestens klar. Spaß haben! Westberlin verlassen und zur Hauptstadt der DDR rübermachen! Das haut alle Klischees von den Fluchtfilmen um. „Meier“ räumt mit den festgezurrten Zonibildern in unserem Kopf auf.
Brigadier Meier also verschafft sich einen Westpass und damit den täglichen Zutritt durch die Mauer und zurück. Wie das mit dem Pass geht, braucht keine Worte, die entsprechende Szene überzeugt dialogfrei im Flughafen-WC Berlin-Schönefeld. Weiter stellt sich nicht die Frage, warum Meier den Pass nicht zur Flucht nutzt. Denn wir sehen, wiederum total überzeugend, wie er die tägliche Einreise zur Einfuhr westberliner Rauhfasertapeten nutzt, professionell und zum Lob des Sozialismus. Rauhfaser ist der Knüller in Ostberlin. Parteifunktionäre scharwenzeln um ihn herum. Der Staatsratvorsitzende Honecker persönlich dekoriert ihn als Held der Arbeit. Eine absurd konsequente, hoch komische Szene.
Der Film lebt von irrwitzigen Gags, zu denen der Auftritt von Dieter Hildebrand als Kellner im HO-Fischrestaurant zählt, und von detailreichen Beobachtungen und grotesken Wendungen. Es wird gelacht und getrunken, allerdings durchaus auf Kosten der Funktionäre, die wie gesagt liebevoll verarscht werden. Ja, es lebe die DDR oder genauer: so lebt es sich in der DDR. 1986. Damals war „Meier“ ein Film gegen den Strich gebürstet und damit zum Wiedererkennen, authentisch, ganz Gegenwart, einzigartig, bejubelt. Jetzt also 23 Jahre danach „Meier“ neu austesten!
„Liebe Mauer“ von 2009. Peter Timm fordert den Vergleich heraus. Die Mauer, jetzt historisch, nostalgisch, ein repräsentativer Film unter vielen, die sich Mauerfall und Wende widmen.
Im wohlbekannten Jahr 1989 steht sie noch, die Mauer. Franzi, frisch in Westberlin, geht im Osten einkaufen, weil das billiger ist. Die übervollen Tüten knallen ihr beim Grenzübergang hin. Grenzpolizist Sascha missachtet die Dienstvorschriften. Er hilft ihr beim Einsammeln und Auffegen. Es folgt eine Liebesgeschichte, in die sich bald Stasi, CIA und West-Staatsschutz einmischen. Werden die Liebenden trotzdem zu einander kommen? Der 9. November 1989 wird es richten.
Ja, das Plot ist vorhersehbar. Zwischen dem ersten Timm-Film von 1986 und dem neuen von 2009 sind in den Medien fleißig Klischees produziert worden, und Timm ist jetzt dabei. Geschenkt auch die Geheimdienstklamotte. Spaß macht sie trotzdem. Buhmänner sind zum Ausbuhen da. Liebende zum Lieben. Okay? Warum darf ein Film nicht auch mal naiv daherkommen? Denn das ist doch das Thema, die arglose, schüchterne Begegnung von Ost und West, sympathisch, schön beobachtet, endend in den großen Emotionen am Tag des Mauerfalls.
Ja, so war es damals, erzählt uns Märchenonkel Peter Timm. Und Märchen will man immer wieder hören. Sie sind was fürs Gemüt.