Ein antirassistisches Gute-Laune-Märchen auf der Mainstreamschiene. 300 Oldtimer gegen Rassenhass. Im Nostalgie-Baltimore der 50er Jahre sitzt die Fun Generation in Pappas Auto (der Cadillac zu 1/2 Million Dollar das Stück) und durchbricht die Rassenschranken, denn die grade einsetzende zeitgenössische Mobilität ist es, die nach dem Willen von Autor und Regisseur Barry Levinson („American Diner', „Tin Men') die unsichtbaren Mauern zwischen den Vierteln – den Juden, Christen, Schwarzen – zusammenbrechen lässt. Wir hören zwar noch im Dialog, dass Neger im hinteren Teil des öffentlichen Verkehrsmittels Platz zu nehmen haben, aber auch dass soeben eine Gerichtsentscheidung der schwarzen Chefarzttochter Platz im Weißengymnasium verschafft. Was wir jedoch sehen, ist, dass die gegenseitige ethnische und religiöse Abschottung in Baltimore nicht nur eine Frage des Straßenverkehrs, sondern auch eine solche der Generationen ist. Denn die Kids der 50er sind es, egal ob Jude, Neger oder Christ, die sich zusammenraufen, und was die Eltern von ihren Kindern lernen, ist siegen. Unser Held ist also ein Junge, er heißt Ben, und für ihn ist Adolf Hitler eine Witzfigur, grade richtig für den Halloween-Horror-Spaß. Die jüdischen Eltern finden die Hakenkreuzbinde am Sohnesarm gar nicht komisch; sie verstehen noch nicht, was es heißt, Ritter ohne Furcht zu sein. Die Balgereien zwischen Juden und Christen sind Jungssache; Ben lernt boxen und geht ganz allein Christenrüpel klatschen, sieben auf einen Streich. Ja, das Amerika von 2000 träumt nach wie vor seinen Traum. Auf der Freiheitshöhe triumphiert der Held der westlichen Welt. Ein Junge trägt jetzt die symbolische Fackel, und die 4000 Statisten, die der Film engagiert hat, jubeln ihm zu.
„Liberty Heights' ist nicht Historie; die Helden sind von heute; das erkennt man am Glamour der jungen Christen. Sie sind Super-Models von Calvin Klein (Mode und Parfum 2000). Das reicht, der Film braucht gar nicht mehr zu sagen: mitmachen!, und alle machen mit. Drum: Teilt man die Rassismusanalyse des Films, kann man an ihm nur seine Freude haben. Die Älteren sind schon sehr komisch, wenn sie die Kinder als „Kommunisten' verdächtigen oder mit ihnen den atomaren Ernstfall üben (Schulbuch übern Kopf halten). Auch gibt es viel zu lachen, wenn nach der verfrühten Ejakulation der Hosenschlitz feucht wird. Das Baltimore-Tableau der Ben’s-Time ist in allerlei Brauntönen detailreich und liebevoll ausgemalt; zwei weiße Jungs allein unter Negern im nachgestellten James-Brown-Konzert: Es geht nicht anders, man muss sie alle lieben – vorausgesetzt, man unterlässt das oben erwähnte elterliche Genörgel. Drum hat Produzentin Paula Weinstein das Schlusswort: 'Wenn all unsere Religions-, Rassen- und Klassenunterschiede wie in diesem Film im besten Sinne zusammenkommen, bieten sie Anlass zu großer Freude.'
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 10/2000