Polen im Winter 1942/43: Ein etwa 9-jähriger Junge kauert frierend, geschützt nur durch einen Baumstamm, in einer Bodenmulde. Eine andere Einstellung zeigt ihn allein und verloren in einer weiten Schneelandschaft, über die ein eisiger Wind fegt. Kurz darauf stiehlt er auf einem Bauernhof einen Mantel und wird dafür verprügelt. Später schleppt er sich, fast erfroren, mit letzter Kraft zu einem Haus, wo er von einer fürsorglichen Frau und Mutter aufgenommen und gepflegt wird.
Bereits in der Exposition seines Films „Lauf, Junge, lauf!“, der auf der von Uri Orlev aufgezeichneten Lebensgeschichte des polnischen Juden Yoram Fridman basiert, versammelt Pepe Danquart in stimmungsvollen Bildern wesentliche Themen: die Schutzlosigkeit des fliehenden, um sein Überleben kämpfenden Kindes, das sich auf der permanenten Suche nach einem sicheren Versteck befindet; sowie den Gegensatz zwischen strafenden und helfenden Händen, zwischen Verrat und Solidarität. Was im Verlauf der Handlung noch hinzukommt, sind vielfältige Lernprozesse, in denen der Junge frühzeitig reift und sich nicht nur Überlebenstechniken unter den verschärften Bedingungen von Krieg und Verfolgung aneignet, sondern gezwungenermaßen auch die Kunst der Verstellung, die aus dem jüdischen Srulik den katholischen Jurek macht. Eindrucksvoll verkörpert wird er von den beiden Zwillingsbrüdern Andrzej und Kamil Tkacz.
Sechs Monate zuvor ist Srulik aus dem Warschauer Ghetto geflohen, hat sich in einer dramatisch zugespitzten Schlüsselszene des Films von seinem Vater verabschiedet und lebt fortan – mal allein, mal mit anderen Kindern – in dem ausgedehnten Kampinoski-Gebiet mit seinen Wäldern und Sümpfen. Dazwischen findet er als Jurek immer wieder Unterschlupf bei Bauern und bei der eingangs erwähnten Magda (Elisabeth Duda), Frau eines Partisanen, die zu seiner selbstaufopfernden Ersatzmutter wird.
Regisseur Pepe Danquart folgt in seinem ästhetisch sehr konventionell inszenierten Kinofilm, der die emotional verdichtete Zuspitzung sucht und auch vor plakativen Übertreibungen nicht zurückschreckt, der abenteuerlichen, schier unglaublichen Odyssee des Jungen. Von blinder Willkür, Zufällen und glücklichen Fügungen geprägt, dauert diese über zweieinhalb Jahre. Dabei zeichnet der Oscarpreisträger die großen, dramatischen Spannungsbögen dieser ebenso eindrücklichen wie bewegenden Überlebensgeschichte, die für ihn ein „Dokument der Menschlichkeit“ darstellt, die den Zuschauer aber auch immer wieder mit menschlichen Abgründen konfrontiert.