Der Förderturm einer alten Zeche wird gesprengt und fällt in sich zusammen, Hände werden geschüttelt, ein Männerchor singt zur Fördereinstellung. Im Jahre 2018 soll in Deutschland die letzte Kohlemine schließen. Gleichzeitig werden jedoch neue, hochmoderne Kohlekraftwerke in Betrieb genommen, denn Deutschland bezieht seinen Bedarf an Steinkohle mittlerweile maßgeblich aus dem Ausland, um die Stromerzeugung zu sichern. Über zehn Millionen Tonnen werden jährlich aus dem Norden Kolumbiens importiert, wo sich die Mine „El Cerrejón“, die zu den weltweit größten zählt, im Tagebau wie eine riesige Krake in die Landschaft frisst. 700 km² misst das Loch, das den gewaltigen Raubbau an der Natur als neokolonialistische Ausbeutung durch die reichen Industrienationen versinnbildlicht. Neben der zerstörten Natur- und Tierwelt ist es aber vor allem die einheimische Bevölkerung, die unter der Kohleförderung leidet, weil ihr durch erzwungene Umsiedlungen die Lebensgrundlage entzogen wird.
Zu ihr gehören auch die indigenen, noch traditionell lebenden Wayúu-Familien des Dorfes Tamaquito, deren schier aussichtslosen Kampf Jens Schanze in seinem sehenswerten Film „La buena vida“ („Das gute Leben') dokumentiert. „Wir kämpfen gegen ein Monster. Es heißt Cerrejón“, sagt einer der Aktivisten aus dem Dorf, während linientreue Konzernvertreter schönrednerisch von einer „Verbesserung der Lebensbedingungen“, vom „Projekt eures Lebens“ und von der „Verwirklichung von Träumen“ schwafeln, aber kaum mehr als leere Versprechungen machen. Dabei sind die Wayúu Selbstversorger, die sich von der Jagd und vom Ackerbau ernähren und alles haben, was sie für ihre unabhängige Lebensweise brauchen. Dagegen bietet der neue Ort mit seinen gemauerten Steinhäusern auf ödem Grund und den vermeintlichen Segnungen der Zivilisation, mit denen die Wayúu nichts anfangen können, hauptsächlich Tristesse und Entfremdung.
Jens Schanzes in einem guten Sinne parteiischer Film, der auf Interviews und Kommentare verzichtet, um stattdessen die Protagonisten in den jeweiligen Situationen sprechen zu lassen, lebt von diesen Kontrasten. Sein dialektisches Prinzip, das der inhärenten Dramatik des Umsiedlungsprozesses folgt, macht auf diese Weise die schwerwiegende Entwurzelung der Indigenás erfahrbar. Diese konfrontiert den Zuschauer letztlich mit einer ebenso grundlegenden wie folgenschweren Differenz kulturellen Verstehens; und sie stellt dabei vor allem uns, die wir „im Hellen und Warmen sitzen“, unbequeme Fragen, die unmissverständlich an unser Verantwortungsgefühl appellieren.