Wieder einmal müssen der Pandabär Po und seine fünf Kung-Fu-Freunde das Tal des Friedens verteidigen, und Schuld hat diesmal ein fieser Pfau. Einst erfreute das Volk der Pfauen das ganze Chinesische Reich mit wunderbaren Feuerwerken. Doch jetzt lässt der böse Lord Shen statt Knallkörper mächtige Kanonen bauen, mit deren Hilfe er das Land unterjochen will. Aufgrund einer Prophezeiung hat Shen vor vielen Jahren die Pandabären nahezu ausgerottet. Er ahnt nicht, dass ein gewisses Findelkind überlebt hat und doch noch für seinen Untergang sorgen könnte. Pandabär Po wiederum muss zu seiner Überraschung erfahren, dass sein Gänserich-Vater ihn bloß adoptiert hat, und sein Weltbild gerät darüber ins Wanken. Kann er sich seiner verdrängten Vergangenheit stellen, um das Böse zu besiegen? Die Antwort liegt auf der Handkante.
Wichtiger für den Film ist deshalb eine ganz andere Frage: die nach der eigenen Identität. Pos Verunsicherung bildet den Kern der Geschichte, und in Kinderfilmen genauso wie bei Existenzialisten führt die Frage, wer man denn nun eigentlich sei, letztlich zur gleichen Antwort: Man ist der, für den man sich frei entscheidet. Eine nicht seltene, aber grundsympathische Moral. Und doch liegt einiges im Argen in „Kung Fu Panda 2“. Und das hängt mit der Zahl im Titel zusammen.
Der Film versteht es wie sein Vorgänger, auf durchaus kluge Weise verschiedene Stile zu präsentieren, die die unterschiedlichen Erzählebenen Gegenwart, Mythos und Erinnerung kennzeichnen. Schon die Eröffnungssequenz allerdings, die an Scherenschnitt bzw. Legetricktechnik erinnert, stellt ein Problem dar. Sie erzählt nämlich die Vorgeschichte inklusive Lord Shens Versuch, die Pandabären auszurotten. Damit nimmt sie ausgerechnet das vorweg, was Held Po den kompletten Film hindurch noch nicht weiß. Der Wissensvorsprung der Zuschauer lässt ungeduldige Naturen bisweilen an der Naivität des Helden verzweifeln.
Eigentlich gibt sich der Film alle Mühe, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Seine Strategie ist Tempo. Was am ersten Teil gut war, wird nochmal gemacht. Aber schneller. Und größer. Und lauter. Bezeichnend sind da die Herr-der-Ringe-Zitate: Während die Herstellung der bedrohlichen Kanonen in der einleitenden Rückblende noch an Ralph Bakshis Animationsfilm aus dem Jahr 1978 erinnert, zitieren die rasanten, simulierten Kameraflüge durch computergenerierte Welten später stilistisch deutlich die Version Peter Jacksons und die Filme von James Cameron. Drehbuchautor Jonathan Aibel wollte die „Grenzen des Machbaren“ in dieser Fortsetzung vorantreiben, durch „aufwändigere Actionszenen, noch mehr Tiefe bei den Figuren und gewaltigere Schauplätze und Animationen“. Leider aber bleibt es gerade in Sachen Figurentiefe bei der Absichtsbekundung. Pos Backstory leidet unter der vorweggenommenen Pointe, und die Nebenfiguren sind fast allesamt statische Comic-Reliefs oder Stichwortgeber.
Natürlich ist es noch immer amüsant, wie Po und seine Freunde Heldentum karikieren. Beim Versuch, alles zu toppen, geht dem Film aber die Balance verloren. Die grausame Backstory um die Ausrottung der Pandas, die von den Pfauen mit einer Wolfsmeute gejagt werden, rückt Po in die Nähe von Conan, dem Barbaren und relativiert so manche berüchtigte, traumatisierende Disney-Szene. Nicht, dass Kinderfilme keine Gewalt zeigen sollen, doch wirkt die Sequenz seltsam ungebunden an den vergleichsweise albernen Rest des Films.
Man könnte wie bei vielen Martial-Arts-Klassikern versuchen, die spektakulären Kampfszenen losgelöst von der unausgegorenen Handlung zu betrachten. Allerdings bleibt ohne menschliches Zutun und Akrobatik bloß technische Spielerei, und die steht nun wirklich bei allzu vielen schlechten Blockbuster-Anwärtern im Vordergrund. Auch die im Original durchaus beeindruckende Sprecherliste (mit Auftritten von Michelle Yeoh und Jean-Claude van Damme in kleinen Rollen) trügt, denn das Ergebnis ist leider nicht halb so parodistisch, wie man erwarten könnte und nimmt seinen epischen Fantasy-Schwulst viel zu ernst – inklusive angedrohter Ausweitung zur Trilogie mittels Cliffhanger.
Es stellt sich also das hartnäckige Gefühl ein, dass hier viel verschenkt wurde. Trotzdem: Die anwesenden und hinterher aus Marktforschungsgründen befragten Kinder („Bringen Sie gerne Ihre Kinder zur Pressevorführung mit“) fanden es offenbar ganz gut. Immerhin scheppert und rummst es ordentlich und ist weitgehend frei von pädagogischen Absichten.