Auf schwerem Grund stoßen schrottreife Autos gegeneinander, verhaken sich, bleiben stecken, schieben sich an und ineinander. Bis nur noch kaputtes Blech, eingedrückte Karosserien, verbeulte Kotflügel und demolierte Stoßstangen übrigbleiben und die Räder im allgemeinen Motorengedröhn hohldrehen. Doch trotz dieses Zerstörungsszenarios strahlt die Einleitung von David und Nathan Zellners Indie-Film „Kid-Thing“ auf eine beiläufige Art fast etwas Sanftes aus, was durch den kindlich-unschuldigen Ausdruck der kontrastierend eingesetzten Begleitmusik noch verstärkt wird. Tatsächlich bildet dieser Prolog den programmatischen Auftakt für eine episodisch gegliederte Abfolge kindlicher Zerstörungsphantasien, in deren Mittelpunkt die etwa 10-jährige Annie (Sydney Aguirre) steht, die zusammen mit ihrem Vater (?) Marvin (Nathan Zellner) auf einer Farm in der texanischen Provinz lebt.
Doch wirklich väterlich oder gar verantwortungsbewusst wirkt dieser skurrile Mann, der Ziegen melkt, Hühner hypnotisiert, Lose rubbelt und einen Selbsthilferatgeber mit dem Titel „How to become a better person“ liest, ganz und gar nicht. Auf Annies Frage nach dem richtigen Handeln, weiß er keine rechte Antwort; und so bleibt das verstockte Mädchen mit seiner Einsamkeit und Langeweile, mit seiner Wut und einem aggressiven Überdruss sich selbst überlassen. Schon die Kinderzeichnungen in Annies Malbuch strotzen vor Gewalt, die sie in der Folge gegen Dinge, (tote) Tiere und Menschen richtet. Mit verstellter Stimme fingiert sie einen Drohanruf bei einem Autohändler, sie wirft Teiglinge auf vorbeifahrende Autos, zerschlägt Gegenstände, klaut Lebensmittel und schießt mit einem Paintballgewehr auf Tierkadaver. Die Zellner Brothers zeigen das betont lakonisch, ohne große Erklärungen oder gar Worte mit einem unverhohlenen Interesse am Abwegigen, Schrägen und Regellosen. So mischen sich in die gewalttätigen Bilder einer dunklen, schweren Kindheit immer wieder absurder Humor, andererseits aber auch ruhige, fast bedächtige Landschaftsstimmungen.
Hinter Annies Zerstörungswut stehen eigentlich die Fluchtphantasien eines vernachlässigten Kindes; und ihre Destruktivität schreit nach Liebe. Annie, die von sich sagt, sie habe vor nichts Angst, folgt ihrem Bauchgefühl. „Woher weiß man, was das Beste ist?“ Ihre kindliche Orientierungslosigkeit, Zeichen ihrer noch ungeformten Seele, lässt sie im Wald ein tiefes, dunkles Erdloch entdecken, in dem eine Frau namens Esther (Susan Tyrrell) gefangen ist. Doch nur deren zunehmend verzweifelteren Hilferufe zeugen von ihrer Existenz. Als diese verstummen, stirbt auch für Annie ein Gefühl der Macht und der Hoffnung. Das schwarze Loch als ambivalenter Ausdruck einer unbewussten Sehnsucht nach Freiheit und zugleich ein Symbol der Gefangenschaft zieht das Kind magisch an, um es schließlich zu verschlucken.