Bekanntlich ist das kommunistische Nordkorea unter der Führung der diktatorischen Kim-Dynastie seit Jahrzehnten abgeschottet vom Rest der Welt. Die unterdrückten Menschen leben in Armut, haben keinen Internet-Zugang und leiden immer wieder unter Versorgungsengpässen. Indoktriniert von staatlicher Propaganda, die den öffentlichen Raum beschallt und auf großen Wandgemälden kitschigen Optimismus über „das schönste Land der Welt“ und seine „strahlende Zukunft“ verbreitet, scheint ihr Wissen und damit ihr Bewusstsein von einem möglichen anderen Leben streng reglementiert. Eine allumfassende Gehirnwäsche hat die Idee der Freiheit suspendiert und die individuellen Bedürfnisse gleichgeschaltet. Wer nicht mitmacht, wird bestraft. Die öffentlichkeitswirksamen Massenchoreographien geben über diese Zurichtung und gewaltsame Disziplinierung Auskunft, während aus der grauen Betonwüste von Pjöngjang bizarr überdimensionierte Steinskulpturen herausragen, die auf symbolische Weise dem Kommunismus huldigen.
Das alles und noch mehr kann man jedenfalls den Bildern und Tönen von Vitaly Manskys Film „Im Strahl der Sonne“ entnehmen. Dabei konnte der russisch-ukrainische Regisseur bei seinen streng überwachten Aufenthalten in der nordkoreanischen Hauptstadt durch „eine Lücke im System“ nur wenige geheime, also nicht zensierte Aufnahmen außer Landes schmuggeln. Denn meistens wurden die Dreharbeiten von Vertretern des Regimes arrangiert, sämtliche Inhalte waren bis in die Inszenierung hinein vorgegeben. Angetreten mit dem staatlich genehmigten Plan, über einen längeren Zeitraum das Leben des 8-jährigen Mädchens Zin-mi in alltäglichen Situationen zu portraitieren, musste Mansky bald feststellen, dass es nicht möglich war, „echtes Leben“ zu dokumentieren. Von der propren Musterwohnung und dem reichgedeckten Essenstisch, über den arrangierten Weg zur (im Winter unbeheizten!) Vorzeigeschule bis zu den fiktiven Arbeitsplätzen der Eltern in einer Textilfabrik und einer Molkerei entpuppte sich der vorgebliche Alltag als „eine große Täuschung“.
„Das einzig Reale, was wir zeigen konnten, war: das Arbeiten der Propaganda-Maschine und die Versuche des Regimes, ein falsches Bild zu erstellen“, sagt Vitaly Mansky, dessen besonderes Interesse totalitären Gesellschaften gilt. Und so dokumentiert er in seinem über weite Strecken beklemmenden und betroffen stimmenden Film vor allem, wie die filmische Propaganda funktioniert; was, nebenbei bemerkt, mit dem „normalen“ Filmemachen durchaus verwandt ist. Indem er bei den Proben heimlich die Kamera laufen lässt, macht er die jeweilige Inszenierung der Szene sichtbar. Darüber hinaus erklärt und kommentiert Mansky aus dem Off, was die aufgenommenen Bilder nicht zeigen dürfen. Man kann dies, wenn man will, als politische Gegenpropaganda auffassen. Allerdings bedient sich der Regisseur in langen Totalen, in denen Vorder- und Hintergründe in einen Dialog treten, sowie in der Montage aus „verbotenem“ und „offiziellem“ Filmmaterial auch ästhetischen Strategien, die weniger eindeutig sind und die deshalb die Mitarbeit des Zuschauers erfordern. Darüber hinaus sind es immer wieder die Gesichter der Menschen, ihre schweigenden Blicke sowie die Tristesse fast farbloser Stadtansichten, die „sprechen“. So spiegelt der Film, dessen Veröffentlichung das nordkoreanische Regime zu verhindern suchte, schließlich auf traurige Weise eine Hoffnungslosigkeit, die aus einem riesengroßen Gefängnis kommt.