Daniel ist schon über 30, hat aber immer noch keine feste Arbeit. Tagsüber probt er mit einer ambitionierten Off-Theatergruppe, deren Inszenierungen mit ihrer prätentiösen Kunstbeflissenheit ein echter Hingucker sind. Um sein Leben für diese ästhetisch ziellose Selbstverwirklichung zu finanzieren, jobbt Daniel in der Markthalle. Das macht müde. Leider wird sein wohlverdienter Schlaf gestört durch ohrenbetäubendes Getrommel. Die Nachbarn zelebrieren einen „angemeldeten Workshop“. Herzlich, aber kompromisslos weisen sie ihn darauf hin, dass ihnen sein Ruhebedürfnis völlig egal ist.
Die furiose Eröffnungs-Szene versetzt einen scheinbar zurück in die 80er Jahre, als Neue Innerlichkeit, tiefenentspanntes „Loslassen“ und das Bauchgefühl angesagt waren. Johanna Moders Debüt spielt jedoch im Wien der Gegenwart. Die abgestandene Esoterik ist schon wieder (oder immer noch?) in Mode. Von Anfang an besticht ihr Film durch seinen klaren, wachen Blick. Gesten, Rederituale und die Wohnsituation dieser Neohippies werden glasklar herausgeschält. Obwohl Daniel mit seiner Adidas-Jacke und seinem Billig-Rucksack selbst wie ein alternativ bewegter Bohemién erscheint, will er mit den ideologisch vernagelten Psychos nichts zu tun haben. Auf der anderen Seite hat er aber auch keinen Draht zur schnieken Geschäftswelt seines Überflieger-Bruders Rudi (Manuel Rubey), in dessen IT-Unternehmen diese zwanghaft entspannte Atmosphäre herrscht, die man aus Reportagen über die Mitarbeiter von „Google“ oder angesagten Werbeagenturen kennt.
Marcel Mohab glänzt in der Rolle dieses ebenso verpeilten wie selbstgefälligen Möchtegern-Schauspielers, der noch nicht realisiert hat, dass er ein Loser ist. Mit seiner nervösen, unterschwellig arroganten und eine Spur zu selbstgefälligen Art eckt er permanent an. Es scheint zunächst, als würde der Film aus seiner Perspektive erzählt, die man gerne einnimmt: Von seinem alerten Bruder Rudi hat Daniel sich eigentlich ziemlich entfremdet. Den Job, den dieser ihm inständig aufdrängt, will er zunächst gar nicht annehmen. Wie es scheint, sucht Daniel händeringend nach einem Rhetorik-Lehrer, der einer seiner Top-Mitarbeiterinnen beibringt, sich und das Firmenprodukt besser zu vermarkten. Wer sollte für dieses Sprechtraining besser geeignet sein als der „professionelle“ Schauspieler Daniel? Als dieser zu verstehen glaubt, dass er eigentlich nur herausfinden soll, ob die aparte Nora (Katharina Pizzrea) ein libidinöses Interesse an Rudi hat, bricht das Eis zwischen den Brüdern. Daniel fühlt sich gebraucht und nimmt den Job an. Dabei verguckt er sich, wie sollte es anders sein, selbst in Nora – und steckt nun tief in einem Konflikt zwischen seinen Gefühlen und der Loyalität zum älteren Bruder.
Der Plot kommt einem bekannt vor. Das sinnentleerte Klischee der Liebeskomödie über zwei unterschiedliche Brüder, die sich in dieselbe Frau vergucken, bildet nur den doppelten Boden in diesem Film, der nicht zufällig „High Performance“ heißt. Mit dieser Floskel aus der Computerbranche bezeichnet Rudi einmal seine Mitarbeiterin Nora. Sie ist nicht die, für die Daniel sie hält. Sie verkörpert die heimliche Hauptfigur dieser Komödie, in der es nebenbei auch um Software, Energieeffizienz und Computerspionage geht. Bei einem Psycho-Spiel, in dem eine Mandarine von Hand zu Hand wandert, erklärt Nora, sie würde ständig eine Maske durch eine andere ersetzen. Es dauert eine Weile, bis man verstanden hat, dass sie mit der Wahrheit lügt.
Die immer einen versteckten Akzent setzende Katharina Pizzera verkörpert weder das passive Objekt der Begierde noch eine Projektionsfläche für Männerphantasien. Johanna Moder rückt die vermeintlich unscheinbare Figur immer mehr ins Zentrum, ohne das Klischee des „Frauenfilms“ zu bedienen. Dabei pflegt die Regisseurin einen erfrischend eigenwilligen, beinahe spröden Stil. Es entsteht immer der leicht irritierende Eindruck, als würden die Figuren nicht ganz nach Drehbuch spielen, als würden sie ihre Rollen mit einem phlegmatischen Touch improvisieren. Die sperrig anmutende Inszenierung erinnert ein wenig an Rudolf Thome. Im Gegensatz zu den gewöhnungsbedürftigen Werken des dienstältesten deutschen Autorenfilmers, in dem Figuren abstrakte Behauptungen bleiben, schließt man die liebenswürdig beobachten Charakteren in „High Performance“ rasch ins Herz. Sogar die erleuchteten Esoteriker – die man zwischendrin erwürgen könnte – sind am Ende weniger unterbelichtet als vermutet. Nicht zu vergessen, der gelungene Einsatz von Filmmusik, die eine dramaturgisch wichtige Funktion erfüllt. Aufgrund des (leider nicht untertitelten) Wiener Akzents der Darsteller muss man als nicht österreichischer Zuschauer die Ohren spitzen. Das kann nicht ganz verkehrt sein. Immerhin erhielt der unterschwellige Computer-Thriller den Publikumspreis des Max-Ophüls-Festivals.