„Alles muss raus“, heißt es auf den Plakaten des in den Farben Blau und Gelb verlöschenden Heimwerker-Marktes Praktiker. Die Tage der Handelskette sind gezählt, über 200 Filialen schließen, 20.000 Mitarbeiter werden entlassen. Der Kaufreize weckende Slogan verheißt also entgegen dem Anschein nichts Gutes, sondern verkündet streng genommen eine Endzeitstimmung: Die Preise purzeln, Waren werden verschleudert, gierige Hamsterkäufe setzen ein, Regale werden für immer leer geräumt, vor allem aber läuft für die Beschäftigten der Countdown in die Arbeitslosigkeit. Das ist im Herbst 2013 auch im Praktiker-Markt von Bruchsal-Heidelsheim nicht anders, wo die langjährigen Mitarbeiterinnen Elena Lerch und Marina Pitler-Gick in einer Mischung aus Frust, Wehmut und Ungewissheit den Niedergang begleiten und verantwortungsvoll die letzten Reste verwalten. Unterstützt werden sie dabei vom Marktleiter Sven Köberlein und dem Engländer Nigel, der die Insolvenzmasse zu Schleuderpreisen veräußert.
In Sabrina Jägers bemerkenswertem Dokumentarfilm „Hier sprach der Preis“, dessen in die Vergangenheitsform gewendeter Titel sich auf einen früheren Werbeslogan der Firma bezieht, liegt diese Untergangsatmosphäre von Anfang an über der Szenerie. Die Flure sind lang und öde, die Räume verlassen und irgendwie verwahrlost; und während draußen ein heftiger Wind bläst, tropft Wasser durchs Dach. An anderer Stelle trocknet ausgelaufene Farbe auf dem Fußboden; oder es finden sich Scherben eines zerbrochenen Spiegels. Mit den immer leerer werdenden Regalen verdichten sich diese Impressionen zu Symbolen des Verlusts und der Auflösung. Diese erhalten mitunter einen bitteren Beigeschmack, wenn etwa neben einem verwelkten Blumenstrauß noch der alte Slogan prangt: „Blühendes Leben – täglich frisch“. Überhaupt verwandelt sich Sabrina Jägers überraschend tragikomischer Film an vielen Stellen in eine pure Realsatire, die ihren schwarzen Humor aus dem Zusammentreffen tatsächlicher Abwicklungsmodalitäten mit den diversen, schnell wechselnden Hinweisschildern bezieht: „Umtausch und Rücknahme nicht mehr möglich“, steht da geschrieben, während gereizte Kunden in geradezu absurder Weise um Prozente und Cent-Beträge feilschen.
Auf einem anderen Plakat heißt es: „Eine Beratung/Bedienung ist nicht mehr möglich. Es ist keiner mehr da.“ Denn die meisten Mitarbeiter haben sich mit Aussicht auf eine Abfindung krank gemeldet. Die, die geblieben sind, warten deprimiert, lustlos und zunehmend genervt auf das Ende und fühlen sich dabei verraten und im Stich gelassen. So „belauscht“ Jäger, die mit ihrer Mini-Kamera oft unbeobachtet aus einem entfernten Versteck zu filmen scheint, immer wieder Gespräche, in denen es um einen als schwer erlebten persönliche Abschied, gleichgültige Arbeitgeber sowie eine mangelnde berufliche Perspektive geht, die wenig Zukunftsoptimismus erlaubt, auch wenn sich am Ende Lösungen andeuten.
Die aus der Region des Drehorts stammende Filmemacherin, die ihren ziemlich spontan und mit reduzierten Mitteln gedrehten Film (zusammen mit Koautor Stephan Weiner) fast im Alleingang realisiert hat, beobachtet einen Zerfallsprozess, in dem sich wiederum eine allgemeinere Krise der Arbeitswelt spiegelt. Im tristen Ausverkauf manifestiert sich schließlich auch eine Machtlosigkeit, die von der in einer Endlosschleife enervierend säuselnden Kaufhausmusik zwar verharmlost, nicht aber kaschiert werden kann.