Der Dokumentarfilm des kanadischen Filmemachers Peter Raymont erzählt die Geschichte des Völkermords in Ruanda im Jahr 1994, dabei sich an den Ereignissen des biographischen und 2008 bei Zu Klampen auf Deutsch erschienen Buches des ehemaligen Kommandanten der UN-Friedensmission, General Roméo Dallaire, orientierend. Bei den Massakern durch die Milizen wurden in weniger als 100 Tagen 800.000 Tutsi auf brutalste Weise getötet – Männer, Frauen und Kinder. Die Internationale Gemeinschaft pflegte, so gut es ging, wegzusehen und verweigerte Dallaire die Mittel und das Personal, die ein absolut notwendiges und effektives Eingreifen möglich gemacht hätten. De facto wurde sogar das Kontingent der belgischen Truppe abgezogen, da die Gefahr für Leib und Leben für die Soldaten angeblich zu groß wurde. Die Zivilbevölkerung wurde somit ihrem Schicksal überlassen. Dallaire hingegen widersetzte sich den Befehlen seiner Vorgesetzten und blieb. Schlecht ausgerüstet und ohne finanzielle Mittel war es ihm aber nicht möglich, in angemessener Weise zu agieren. Jahre später, nach der partiellen Überwindung seiner posttraumatischen Belastungsstörung und der tiefen Depression, begann er die Ereignisse aufzuschreiben, auf denen dieser Dokumentarfilm basiert.
Ein Kamerateam begleitete Dallaire im Jahr 2004 bei seiner Rückkehr nach Ruanda, wohin er mit seiner Frau als Privatperson reiste. „Um die Dämonen zu vertreiben“, wie er an einer Stelle sagt. Dies will ihm freilich nicht gelingen, zu sehr haben ihn die schrecklichen Ereignisse geprägt. Leichenberge, wohin man sieht, Enthauptungen mit Machetenschlägen, Ermordungen von Kindern auf offener Straße. Männer, die sich ihrer Untaten brüsten. Der Geruch der Verwesenden sei unerträglich gewesen, er sei unabwaschbar bis in die Poren der Haut vorgedrungen.
Der Film arrangiert verschiedene Materialbestände: Bilder von 2004, die den Kern der Dokumentation darstellen und in denen das Team Dallaire an die alten Orte seines Wirkens begleitet, Archivmaterial von 1994, das zur Illustrierung dazwischenmontiert wird, sowie Zeitdokumente wie Zeitungsartikel, mitgeschnittene Ansprachen aus dem Radio usw.
Mag man am Anfang des Films noch seine Zweifel haben – Aufstieg des Fliegers in die Wolken, theatralische Musik, der weißhaarige Heilsbringer aus dem Westen –, so verflüchtigen sich die Vorbehalte angesichts der Integrität Dallairs, der umsichtigen Kontextualisierung der Konfliktsituation sowie der Vielzahl der porträtierten Akteure und ehemaligen überlebenden Wegbestreiter. Einen Hang zum Pathos indes kann der Film bis zum Ende nicht überwinden, wie auch Dallaire bisweilen in etwas blumigen Ausschmückungen vom „Bösen an sich“ und vom „Teufel in Menschengestalt“ spricht. Zudem hätte man sich gewünscht, dass die Dokumentation formal etwas gewagter wäre; auch Namenseinblendungen wie in Fernsehfeatures haben bedauerlicherweise ihren Weg in den Film gefunden. Diese formalen Vorbehalte verblassen allerdings angesichts der Enthüllungen dieser Katastrophe und der beschämenden Rolle, die die westlichen „Supermächte“ in diesem Konflikt einnahmen. Ein schon alleine wegen seiner politischen Brisanz definitiv sehenswerter und schockierender Film.