Die Faszination und einstige Bewunderung der beiden Schüler für ihren früheren Lehrer Bhagwan Shree Rajneesh ist noch immer spürbar. Der Schotte Hugh Milne und die Inderin Sheela Birnstiel folgen Anfang der 1970er Jahre dem Ruf und der Verführungskraft des „Göttlichen“ in seinen Ashram nach Poona, wo sich ab 1974 die berühmte Bhagwan-Kommune entwickelt. Während Milne in dem charismatischen Guru und Philosophieprofessor einen spirituellen Ersatzvater findet, ist die 21-jährige Sheela von einer tiefen Liebe zu dem legendären Meister erfüllt, dessen Ausstrahlung und Menschenkenntnis überwältigend gewesen sein müssen. Mit seiner Abwehr des Materialismus und seiner Betonung des inneren, spirituellen Lebens habe er der Welt ein Beispiel gegeben, sagt Sheela und beschreibt die Kommune als ein Paradies des freien, wilden Lebens. Sie sei zur richtigen Zeit und mit den richtigen Menschen am richtigen Ort gewesen. Und Hugh Milne spricht gar von einem „ekstatischen Gefühl des Heimkommens“.
In Sabine Gisigers und Beat Häners beeindruckendem Dokumentarfilm „Guru – Bhagwan, his secretary & his bodyguard“, der sein exklusives Material konzentriert und genau präsentiert, sind die beiden ehemaligen Bhagwan-Jünger Kronzeugen der religiösen Bewegung. Während Milne bald zum Leibwächter des Sektenführers wird, avanciert Birnstiel allmählich zu dessen persönlicher Sekretärin. Quasi im Zentrum der Macht werden sie Zeugen vom Aufblühen und Scheitern einer Utopie. Auf der Suche nach ihrer wahren Identität erleben sie zunächst die beglückende, bewusstseinserweiternde Erfahrung einer befreiten Sexualität und die Liebe zu einem geheiligten Leben. Doch nach der Übersiedlung und Neugründung der Kommune auf der „Big Muddy Ranch“ im US-Bundesstaat Oregon, wo Anfang der achtziger Jahre das Neo-Sannyasin-Zentrum Rajneeshpuram entsteht, erfahren sie zugleich die allmähliche Pervertierung ihrer Ideale in einem System, das zunehmend totalitäre Züge annimmt und schließlich auseinander bricht.
Geschickt verschränken die beiden Schweizer Dokumentaristen in ihrem Film die Aussagen und Perspektiven der titelgebenden Interviewpartner mit seltenen historischen Filmaufnahmen. Im Spiegel ihrer persönlichen Lebensberichte entsteht so zugleich das Porträt einer spirituellen Bewegung und ihres Meisters. Dabei wird zum einen der experimentierfreudige Erfahrungshunger einer Generation spürbar, die sich tantrischem Sex und kollektiven Ekstasen hingab; zum anderen untersuchen Gisiger und Häner aber auch die Gründe für das Scheitern einer utopischen Lebensgemeinschaft, die in einer Art gruppendynamischem Prozess fast zwangsläufig hierarchische Strukturen ausbildete und schließlich an inneren Machtkämpfen zugrunde ging.