Als junger Mann hat Alistair Little (Liam Neeson) im Auftrag der protestantischen Ulster Volunteer Force den Katholiken James Griffin (Gerard Jordan) exekutiert. 30 Jahre später arrangiert ein Fernsehteam ein Treffen zwischen dem geläuterten Täter und dem Bruder des damaligen Opfers. Alistairs Begegnung mit Joe (James Nesbitt) soll vor laufender Kamera stattfinden, das Gespräch ein Zeichen der Versöhnung setzen. Doch der verbitterte Joe, der als 11-Jähriger die Hinrichtung seines Bruders mit ansehen musste, sinnt auf Rache.
Oliver Hirschbiegel hat über die letzten Jahre einige klaustrophobische Gesellschaftsparabeln inszeniert. In 'Das Experiment' (D 2001) schilderte er, wie ein sozialwissenschaftlicher Versuch in eine veritable Terrorherrschaft umschlägt. Sein ebenso pompöser wie düsterer Hitler-Film Der Untergang' (D 2004) konzentrierte sich auf die letzten Tage im Führerbunker, in der von der Kritik unterschätzten Dystopie 'The Invasion' (USA / Australien 2007) wiederum porträtierte er das gegenwärtige Amerika im Gewand des Science-Fiction-Films als Zwangskollektiv. Hirschbiegels Thema sind Menschen in Extremsituationen; Gewalt, Wahn und Politik in seinem Werk stets aufs engste miteinander verflochten. Da verwundert es kaum, dass der in Hamburg geborene, mittlerweile international tätige Regisseur sich mit 'Five Minutes of Heaven' nun dem seit 1969 schwelenden Nordirlandkonflikt widmet.
'Five Minutes of Heaven' konzentriert sich trotz einer Mitte der 1970er Jahre spielenden Exposition weitgehend auf die kammerspielartig inszenierten Ereignisse, die der Konfrontation seiner exemplarischen Protagonisten vorausgehen. Hinsichtlich Habitus und Einstellung könnten der Ex-Terrorist Alistair und sein Antagonist Joe nicht unterschiedlicher sein. Während Alistair mit seiner Vergangenheit gebrochen hat und sich seit seiner Haft für die Versöhnung der Bürgerkriegsparteien einsetzt, kann Joe die Tat nicht verzeihen. Der ehemalige Täter ist eloquent und reflektiert, das Opfer aufbrausend und irrational. Doch bald wird deutlich, dass beide gleichermaßen von der Tat gezeichnet sind. Als parabelhafte Miniatur über den Nordirlandkonflikt verweigert sich 'Five Minutes of Heaven' allzu einfachen Antworten. Eine wirkliche Versöhnung findet letztlich nie statt, zu tief sind die Wunden aller Beteiligten.
Wie in den vorangegangenen Filmen Hirschbiegels beeindrucken Sounddesign, Kameraarbeit und Ausstattung durch Präzision und Lokalkolorit – die technische Seite des Filmemachens ist fraglos die Stärke dieses Regisseurs. Dafür hakt es bei diesem auf dem Sundance Filmfestival mit einem Regiepreis ausgezeichneten Politdrama umso mehr an der Schauspielerführung. Während Liam Neeson wie gewohnt souverän spielt, da tendiert James Nesbitt zum exaltierten Überspielen und bühnenhaften Deklamieren. Gerade dieses darstellerische Ungleichgewicht lässt den frei auf realen Figuren basierenden, oft aber überkonstruiert wirkenden Film immer wieder aus der Balance geraten.
Dieser Text ist zuerst erschienen auf: www.br.de