'Final Destination 5'. Der Cineast rümpft die Nase, der Kulturpessimist formuliert im Kopf schon die Kritik, die er jedem Sequel gewohnheitsmäßig angedeihen lässt. Stichworte: Einfallslosigkeit, Kommerz, Wiederholung, Stagnation, Verdummung. Intuitiv sofort nachvollziehbar, aber nicht selten umso weiter an der Sache vorbei, je mehr man von der Richtigkeit dieser Kritik überzeugt ist. „Don’t judge a book by its cover“, sagt der Anglophone. Die 'Final Destination'-Reihe ist für einen Aufbaukurs in Sequel-Appreciation zwar ein denkbar schwieriges Anschauungsobjekt, weil der Vorwurf der ewigen Wiederholung des Gleichen mitten ins Schwarze trifft, aber gleichzeitig auch eines der besten, weil die Möglichkeiten, die in dieser Wiederholung liegen, nirgendwo effizienter ausgeschöpft werden. Im Verlauf ihrer fünf Teile strebt die Reihe einer Reinheit entgegen, die selbst die 'Freitag, der 13.'-Reihe noch wie eine komplexe Familiensaga aussehen lässt.
Wer die ersten vier Teile (oder zumindest einige von ihnen) gesehen hat, fühlt sich auch in 'Final Destination 5' sofort zu Hause – selbst das 3D kennt man ja schon aus dem direkten Vorgänger. Der Handlungsaufbau folgt streng dem etablierten Muster, für Überraschungen sorgen keine cleveren Wendungen der Geschichte, sondern nur noch die Variablen, die die Reihe vorsieht. So dreht sich die Katastrophensequenz, mit der die 'Final Destination'-Teile regelmäßig beginnen, diesmal um einen kolossalen Brückeneinsturz, bei dem einem als Zuschauer nichts anderes übrig bleibt, als sich mit schwitzigen Handflächen in seinem Kinositz festzukrallen und die Luft anzuhalten, nur widmet sich der Film im weiteren Verlauf etwas ausführlicher als die Vorgänger der Möglichkeit, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, indem man ihm ein Ersatzopfer zuführt. Da geht es dann sehr kurz um die Befähigung des Menschen zum Bösen, wird in einer kurzen und gerade deshalb sehr wirkungsvollen Szene angedeutet, was es eigentlich bedeuten würde, wenn über Jahrhunderte der Zivilisation aufgebaute Tabus plötzlich fielen. Horror, wie er sein muss. Wer psychologisch akkurate Charakterisierungen wünscht, wer Spannung nur da findet, wo er im Dunkeln tappt, der mag sich bei 'Final Destination 5' tatsächlich wie im falschen Film fühlen, aber er übersieht eben auch das Wesentliche. Die Strenge, mit der Regisseur Steven Quale der Formel folgt, schafft für den Zuschauer nämlich eine enorme Freiheit, lädt ihn dazu ein, den Blick auf all das zu richten, was ihm sonst entginge. Der Plot rückt in den Hintergrund, das Austauschbare, Nebensächliche, Banale gerät in den Fokus. Begreift man diese Strategie nicht bloß als Ausdruck einer ökonomischen Prinzipien folgenden Kalkulation, sondern als bewusst gewählten Modus der Erzählung, so kommt ein Film zum Vorschein, der gänzlich unverstellt und in erschütternder Klarheit von der Absurdität eines Lebens erzählt, das in jeder Sekunde von einem sinnlosen Tod beendet werden kann.
Neben den spektakulären Todesarten – das Markenzeichen der Reihe, die das Slasherfilm-Subgenre in einem genial zu nennenden Schachzug vom maskierten Killer befreit, stattdessen den Tod selbst zu ihrem Schurken gemacht und damit enormen kreativen Spielraum errungen hat – gibt es noch weitere stets wiederkehrende Elemente, die dem Zuschauer Orientierung bieten und mittlerweile fast wie musikalische Cues funktionieren: die Vision des Protagonisten, der einen fürchterlichen Unfall voraussieht und daraufhin sich und seine Freunde retten kann; die Großaufnahmen defekter oder ungünstig platzierter Gegenstände, die wie Drohungen oder böse Vorahnungen wirken; den Hauch des Todes, der die Figuren streift, sie kurz innehalten lässt, bevor sie der Vernunft wieder Vortritt vor ihren Instinkten geben. Nehmen andere Reihen solche Elemente zum Anlass, in die Tiefe zu dringen, zu erklären, ihre Mythologie auszuweiten und sich so immer weiter von ihrem ursprünglichen Kern wegzubewegen (man denke an die Kontext stiftenden Prequels, die die Originale mit ihrer Erklärungswut nachträglich ihrer Wirkung berauben), da behalten sie in der 'Final Destination'-Reihe ihre Unschuld, bleibt die Serie, die vor zehn Jahren unter der Regie der 'Akte X'-Erfinder mit latentem Mystery-Touch gestartet war, betörend unmysteriös.
Mit jedem weiteren Teil, der der Formel folgt, wird deutlicher, dass es hier nicht um übersinnliches Wirken und schreckliche Einzelfälle geht, sondern um die Banalität des Todes. Wenn er dich will, gibt es nichts, was sich daran ändern ließe. Es hilft noch nicht einmal, die Hauptfigur in einem Hollywood-Film zu sein.
Die Welt der 'Final Destination'-Reihe ist eine unperfekte: Überall liegen kaputte Kabel herum, tropft Wasser von der Decke, finden sich lose Schrauben und gibt es tückische Stolperfallen. Statt in schicken Glitzermetropolen wie New York, Las Vegas oder Los Angeles spielen sie in gesichtslosen Attrappen amerikanischer Großstädte, statt Stars agieren junge Durchschnittstypen ohne hervorstechende Eigenschaften. Was von ihnen einzig und allein hängenbleibt, das ist die Art, wie sie sterben. Und hier hat sich der Tod diesmal etwas besonders Gemeines ausgedacht: Weil sie seiner meisterlich choreografierten Brückenkatastrophe entgangen sind, lässt er sie im Tod besonders tolpatschig aussehen. Da bringt er etwa für die schöne Olivia alles so in Stellung, dass sie von einem Augenlaser mit Fehlfunktion spektakulär zerschnitzelt werden kann, lässt sie in letzter Sekunde schwer verwundet entkommen – und schubst sie dann zum Fenster raus. Die menschliche Hybris, sie ist das eigentliche Opfer der 'Final Destination'-Reihe.