Die Regie-Brüder Peter und Bob Farrelly, Könige der mittlerweile etwas in die Jahre gekommenen „Gross-out-Comedy', haben sich im Laufe ihrer Karriere immer mal wieder vor Vorbildern aus der Filmgeschichte verbeugt, indem sie diese auf effektive Weise etwas tiefer legten („The Heartbreak Kid“, „The Three Stooges“). Mit „Dumm und Dümmehr“ verbeugen sie sich zur Abwechslung einmal vor sich selbst, denn vor 20 Jahren gelang ihnen mit ihrem Spielfilmdebüt „Dumm und Dümmer“ überraschend ein Kassenschlager der Geschmacklosigkeiten mit zwei mental schwerst herausgeforderten Helden, enthemmt verkörpert von Jim Carrey und Jeff Daniels.
Vielleicht fungierte der destruktive „Dummer und Dümmer“ ja sogar als Gegengift zu „Forrest Gump“, dem freundlichen Dummkopf. Wir erinnern uns: Am Schluss von „Dumm und Dümmer“ hatten Lloyd und Harry alles verloren, als irgendwo im Nirgendwo ein Bus voller Bikini-Schönheiten neben ihnen anhielt, die für eine mehrmonatige Tournee noch zwei Männer suchten, die ihre Körper Abend für Abend einölen sollten. Harry machte die Mädels auf ein nahes Dorf aufmerksam, wo sie bestimmt fündig würden, worauf sich Lloyd für die Langsamkeit seines besten Freundes entschuldigte: das Dorf liege in entgegengesetzter Richtung. Hahaha.
Wobei der größte Witz natürlich die Tatsache war, dass die Mädels überhaupt angehalten haben! Jetzt also ein „Sequel“? Dass zwischen „Dumm und Dümmer“ und „Dumm und Dümmehr“ 20 Jahre liegen, thematisiert der neue Film in der Eingangssequenz gleich selbst, indem er darüber reflektiert, dass man manche Pointe durchaus etwas liegen lassen kann, bis sie schließlich zündet. Der Witz in dieser Szene hat buchstäblich einen Bart wie ein moderner Indie-Folkie. Man merkt dann aber schnell, dass die Farrelly-Brüder das Wort „Sequel“ nicht so ernst genommen haben und den zeitlichen Abstand produktiv machen, indem sie sich die Freiheit nehmen, den alten Film schlicht zu wiederholen. Was durchaus auch als boshafter Kommentar zur grassierenden Sequel- und Prequel-Mode in Hollywood gelesen werden kann (aber nicht muss).
Nichts Neues, dafür Nachschlag vom Immergleichen. Das Resultat dieser künstlerischen Entscheidung ist jedenfalls eine erstaunliche Mischung aus Feedback-Interferenzen und Konzeptkunst, denn natürlich sind die beiden Hauptdarsteller 20 Jahre älter und natürlich wird es Zuschauer geben, die sich an den alten Film erinnern und die minimalen Verschiebungen innerhalb eines Deja-vu-Erlebnisses zu goutieren wissen. Will sagen: Der blinde Junge mit dem Sittich ohne Kopf ist wieder dabei und hat jetzt eine ganze Sammlung exotischer Vögel. Dafür hat Harry eine fette Katze namens Rosette, was einleuchtet, wenn man dem Tier nicht in die Schnauze guckt, sondern …
Es ist also Zeit vergangen, aber in der Welt von Lloyd und Harry spielt Zeit keine Rolle. Obwohl die Zeit drängt, denn Harry braucht jetzt dringend eine Spenderniere. Durch einen Besuch bei seinen Eltern, die sich für alle überraschend als asiatische Adoptiveltern erweisen, erfährt Harry, dass eine frühere Freundin vor mehr als 20 Jahren schwanger wurde. Ist Harry der Vater, dann wartet irgendwo eine Spenderniere. Und auf Lloyd vielleicht die Frau seines Lebens. Weil das Kind aber unmittelbar nach der Geburt zur Adoption frei gegeben und ausgerechnet (und zudem völlig unpassend, weil sie mindestens so beschränkt ist wie Harry und Lloyd) in der Familie eines Genies landete, gestaltet sich die Suche nach der verlorenen Tochter etwas kompliziert.
Die beiden Freunde begeben sich erneut mit abenteuerlichen Fortbewegungsmitteln auf eine Reise durch die USA, diesmal nach El Paso, wo ein Forschungskongress darauf wartet, aufgemischt zu werden – und die Farrellys ein weiteres Mal den Nutzen von Innovation ins Lächerliche ziehen. Auch die üblichen Kriminellen machen Probleme, geht es doch hier immer (auch) um die wilde Jagd nach einem Paket, in dem sich die Rettung der Menschheit befinden soll. Letztlich – auch nicht übel – erweist sich der Inhalt des Pakets als vier Muffins: ein echter „McMuffin“ also – in der Manier der Farrellys, die man nicht unterschätzen sollte.
Am Schluss dieser seltsamen und nicht selten rabiaten Familienaufstellung – insbesondere Carrey scheint noch in einem ganz anderen, aggressiveren Film mitzuspielen, von dem leider sonst niemand weiß – sind einige Fragen beantwortet, andere noch nicht einmal gestellt, aber bevor unsere beiden Helden die drohende Einsicht in die eigene Beschränktheit an sich heranlassen, fliehen sie zurück in ihre kleine Welt und gönnen sich einen letzten Streich, der dem Finale des ersten Films in nichts nachsteht. Selten ging Männerfreundschaft derart schmerzhaft an die Nieren!