Zwar wird in Jean-Pierre Améris‘ charmanter Liebeskomödie „Die Anonymen Romantiker“ nur wenig gesungen, der Zauber und die Wärme des Films evozieren aber unverkennbar den Geist französischer Musicals in der Nachfolge Jacques Demys. Schon das geschmackvolle Setting mit seinen malerischen Farben und der detailverliebten Ausstattung, deren Look eine heile Welt der 1950er Jahre beschwört, huldigt diesem unzeitgemäßen Genre. Noch mehr ist es aber die beschwingt kommentierende Musik, die den Film strukturiert und die durch prägnante Akzentuierungen zur Mitspielerin wird, die das Geschehen vorbereitet, begleitet oder dramatisch zuspitzt. Eine höchst dynamische, die parallelen Handlungen verbindende Montage fungiert als Pendant dieser Dramaturgie.
Das Nebeneinander- und Entgegensetzende einer solchen Ordnung ist auch nötig, denn die beiden liebenswerten Protagonisten Angélique und Jean-René, hervorragend verkörpert von Isabelle Carré und Benoît Poelvoorde, bewegen sich fortwährend aufeinander zu und voneinander weg. Die Anziehungs- und Fliehkräfte bilden in ihrem prekären Verhältnis quasi ein instabiles Gleichgewicht; was vor allem in beider hochsensiblem, äußerst empfindsamem Naturell begründet liegt, worauf der französische Originaltitel „Les émotifs anonymes“ anspielt. So ist Angélique in einer Schüchternheit gefangen, über die sie sich in einer Selbsterfahrungsgruppe austauscht, während Jean-René seine Panikattacken vor dem weiblichen Gegenüber bei einem Psychoanalytiker zu therapieren sucht.
Die Selbstsuggestion ist ein anderes Mittel der Wahl: „Ich öffne mich dem Leben“, heißt einer der gegen Schweiß und Angst gerichteten Sätze, die aus der Befangenheit führen und dem wechselseitigen Versteckspiel ein Ende setzen sollen. Schließlich könnte Angélique, wäre sie innerlich nicht gezwungen, ihre überragende Könnerschaft als Chocolatière zu verheimlichen, der angeschlagenen Schokoladenmanufaktur Jean-Renés wieder auf die Beine helfen. Und die Erotik des schokoladenen Genusses könnte wiederum vielleicht auch der Unbeholfenheit des Chefs Flügel verleihen. Doch erst im trauten Zusammensein wirkt ihre übliche Fluchtreaktion auf ambivalente Weise auch befreiend.