„Es gibt kein Nichts. Nichts gab es nie“, sagt eine Stimme aus dem Off, während hinter wallenden Nebeln die Sonne im Zeitraffer aufgeht. Die Evolution des Geistes findet ihren visuellen Resonanzraum in einer mystischen, leicht sentimentalen Naturbetrachtung und einer etwas einlullenden Musik, die das Unergründliche in anschwellenden Wiederholungsschleifen beschwört. Dabei beansprucht Regisseur Nick Baker Monteys in den Anmerkungen zu seinem Spielfilmdebüt „Der Mann, der über Autos sprang“, die Diesseitigkeit des Übersinnlichen im „Glauben an die Wunder, denen wir jeden Tag in unserem Leben begegnen“. „Der Geist kann alles“, heißt es deshalb gleich zu Beginn seines Roadmovies über jene Kraft, die imstande sein soll, die Gesetze der Natur zu überwinden.
Verkörpert wird diese spirituelle Energie von Julian (Robert Stadlober), einem jungen, in sich ruhenden Mann mit festem Blick und hellseherischen Fähigkeiten. In Berlin bricht er aus einer psychiatrischen Klinik aus, um sich in schwarzem Anzug und weißem Hemd, ohne Proviant und Geld auf einen Fußmarsch nach Tuttlingen zu begeben. Überzeugt von der heilenden Kraft des Gehens, will er durch seinen Pilgergang eine Energie erzeugen, die den herzkranken Vater seines besten Freundes gesund machen soll. Weil dieser knapp 20-jährig tödlich verunglückte und Julian daran eine Mitschuld trägt, ist seine asketische Wanderung zugleich Buße und der Versuch einer Wiedergutmachung.
Inspiriert von Werner Herzogs Gewaltmarsch von München nach Paris im Winter 1974, mit dem der bekannte Filmemacher die Krankheit der Filmhistorikerin Lotte Eisner zu bannen suchte, und verglichen mit den Strapazen, die seine außerordentliche Reise bedeutete (nachzulesen in seinem Tagebuchbericht „Vom Gehen im Eis“), ähnelt Julians Trip eher einem entspannten Spaziergang durch eine friedliche Landschaft. Der sanfte, innerlich starke Mann wirkt wie ein moderner Heiliger mit einer Mission, der unterwegs und entgegen der Absicht nach und nach eine Art Jüngerschaft auf sich zieht, die sich von seiner geistigen Energie anstecken lässt. Ob die unter ihrem Beruf leidende Assistenzärztin Juliane (Jessica Schwarz), die von ihrer Familie gebeutelte Ruth (Anna Schudt) oder auch der abgehalfterte Bulle Jan (Martin Feifel), der Julian zurückbringen soll: Sie alle hadern mit sich selbst und fliehen ihren Alltag auf der Suche nach einer Veränderung ihres festgefahrenen Lebens. Im Gleichschritt nehmen sie sich eine märchenhafte Auszeit, die eine neue Perspektive ermöglicht und schließlich mit skurrilem Witz, gutgemeinter Lebenshilfe und einer Prise Kitsch in einem versöhnlichen Ende mündet.