Die Filmschauspielerin Carla Naples (Marilyn Maxwell) hat ein Problem: Eine Schwangerschaft kommt ihren Karriereplänen in die Quere. Ihr Agent rät ihr, sich zurückzuziehen, ihr Kind unter Geheimhaltung zur Welt zu bringen und dann an jemanden abzugeben, um so von lästigen Mutterpflichten befreit ihren nächsten Film drehen zu können. Aber wer nimmt schon freiwillig ein Baby an? Carla fällt ihr alter Schulfreund Clayton Poole (Jerry Lewis) ein, der damals schwer verknallt in sie war und immer noch in der Kleinstadt Midvale lebt. Tatsächlich würde Clayton alles für seine große Liebe tun und so hat er plötzlich Drillinge am Hals, was für etliche Verwirrungen und Schwierigkeiten sorgt: Nicht zuletzt bei Carlas Schwester Sandra (Connie Stevens), die ebenfalls ein Auge auf Clayton geworfen hat …
'Der Babysitter' markiert Tashlins dritte Zusammenarbeit mit Jerry Lewis (nach den beiden Jerry-Lewis&Dean-Martin-Filmen 'Der Agentenschreck' und dem brillanten 'Alles um Anita') und den Auftakt einer überaus produktiven Partnerschaft mit dem Komiker, die fünf weitere Filme hervorbrachte. Lewis dritter Film als Solostar präsentiert ihn als Vater wider Willen, eine Rolle, die er im nachfolgenden 'Der Geisha Boy' erneut einnehmen sollte und die ihren Witz nicht zuletzt aus dem asexuellen Charakter der Lewis-Persona bezieht. Clayton wird als liebenswerter, aber etwas naiver Junggeselle eingeführt, der seine Jugendliebe längst noch nicht überwunden hat und sich in tiefer Melancholie suhlt. Tashlin siedelt die entsprechenden Szenen in einem wunderbar künstlichen Studiosetting an, das die Überlebensgröße von Claytons Empfindungen trefflich verbildlicht, und kontrastiert sie mit den gewohnt absurden Slapstickeinlagen und Lewis‘schen Grimassierereien. Gleich der erste Auftritt Claytons mündet in eine cartoonhafte Sequenz, die auf dem Dach eines Hauses beginnt und in einem wunderbar choreografierten Kampf mit einem Feuerwehrschlauch kulminiert. Ganz auf das komische Talent Lewis’ zugeschnitten sind auch die Szenen, die sich um die mehr oder minder erfolgreichen, aber immer rührenden Versuche Claytons, seine Schützlinge zu versorgen, drehen.
Selbst wenn man sich bereits daran gewöhnt hat, dass Lewis Solofilme Struktur zugunsten eines organisierten Chaos verwerfen, in dem sich der Hauptdarsteller erst voll entfalten kann, ist 'Der Babysitter' (immerhin von Preston Sturges mitverfasst) als „zerfahren“ zu bezeichnen. Es dauert ca. 40 Minuten, bis Clayton zum Vater wird, und in die verbleibende Stunde wird eine solche Unmenge an Handlung gezwängt, dass die Auflösung am Ende sehr forciert erscheint. Das liegt auch daran, dass 'Der Babysitter' mehr als die folgenden Filme Lewis‘ darum bemüht ist, eine echte Geschichte zu erzählen: Verhältnismäßig großes Gewicht wird auf den melodramatischen Aspekt gelegt, die ganz realen Probleme, die sich einem alleinerziehenden Vater stellen, anstatt Lewis lediglich Szenen zu bieten, in denen er sich austoben kann. Das ist schon deshalb nicht der ideale Ansatz, weil die Lewis-Persona sich schlicht nicht dazu eignet, an ihr geschlechterspezifische soziale Schieflagen zu verhandeln. Eigentlich ist das aber nicht weiter schlimm: 'Der Babysitter' ist anachronistische und immer auch etwas spießige Unterhaltung, der man aber einfach nicht böse sein kann. Tashlin – ein ehemaliger Cartoonist – inszeniert in knalligstem Technicolor, der Film ist eine Augenweide, Jerry Lewis legt eine unglaubliche physische Präsenz an den Tag und die Gags sitzen wie ein maßgeschneiderter Anzug. Verglichen mit aktuellen Vater-wider-Willen-Szenarios ist Tashlins Film nichts weniger als eine Meisterleistung.
Dieser Text erschien zuerst in: Remember it for later