Viel zu viel ist passiert in den letzten Jahren. Das Schiff Deutschland hat nur allzu viel ertragen müssen an ekelhafter Veränderung und Modernisierung. Das brauchen wir nicht. Wir, die Menschen, die sich entkräftet nach dem ausbeuterischen Arbeitstag in der menschenfeindlichen Karrierewelt einfach nur auf die heimische Sitzgruppe schmeißen und fernsehformatisch FLIEHEN wollen. Wir wollen keine Symbiose mit dieser komischen Hochzeitssendung, zu der das Traumschiff heruntergekommen ist, wir wollen keine dilettantischen Schauspielversuche Helmut … äh…Harald Schmidts und zynische Anfeindungen Christoph (immerhin) MARIA Herbsts. WIR WOLLEN Dr. Horst Schröder wieder ZURÜCK!!! Deshalb kaufen wir die kürzlich erschienene DVD-BOX VII: „Die schönsten Reiseziele des Traumschiffs“ – Indien/Malediven, Hongkong, Mauritius, Tasmanien, Singapur, Hawaii.
Heide Keller samt Brut, Anja Kling, Bernd Herzsprung, Sigmar Solbach, Nadja Tiller, Elmar Wepper, Heinz Weiss, Georg Thomalla, Klausjürgen Wussow (gotthabsieselig), samt Brut, Gila von Weitershausen, Marion Kracht und HORST NAUMANN als Dr. Schröder. Eigentlich reicht das, um Freunde des gepflegten Eskapismus zu begeistern.
Uns treibt die Einfachheit der Dinge, hier ist ein 'Mädel noch ein Mädel' (Nadja Tiller), hier sind Einzelkinder noch bedauernswerte Geschöpfe, die ob des Verlustes ihrer Eltern („Mami und Papi sind jetzt im Himmel als Engel.“) bei einem Autounfall (eigentlich unerklärlich für alle Beteiligten: „Sogar auf dem Rücksitz musste ich mich anschnallen.“) mit einer anderen Einzelkindfamilie zusammengeführt werden („In meinem Zimmer wär‘ noch Platz für ein zweites Bett.“). Hier kommt zusammen, was zusammen gehört: BDM-Tiller und der Käpten (Beatrix: „Der Käpten sieht zum VERLIEBEN aus!!!“) finden nach dem Mauerfall endlich wieder zusammen. Der BAU DES ANTIFASCHISTISCHEN SCHUTZWALLES trennte die Liebenden („Schicksal: Hat es oft gegeben, DAMALS.“).
Ganz so einfach ist das aber alles nicht. Wir sind doch nicht senil und siebzig und schnallen nix mehr! Geflüster an Deck führt zu Turbulenzen: „Nichts weißt du. Gar nichts!“. Heinzens Prinzgemahlsorgen betrüben uns kurzfristig. Der ekelhafte Seitensprung widert uns an: „Heinz liebt mich – es ist nicht so, wie Sie denken. Wir wollen heiraten.“ – „Sie sind nicht die richtige Frau für ihn.“ Der betrügerische Diebstahl des scheinbaren Gigolos („Ich kann warten.“) regt uns auf. Abenteuerliche Räuberpistolen entreißen uns der Leichenstarre (HUCH: Der Dieb wurde bestohlen!). Unförmige Nebenbuhlerin gefährdet den amourösen Erfolg beim Käpten: „Eigentlich reise ich nicht gern allein, aber was soll man machen. Ich bin der Meinung, die meisten allein reisenden Frauen auf einer Kreuzfahrt suchen einen Mann.“ Aber „MUTTER“ weiß: „Es hat alles seinen tieferen Sinn“.
Auf zum Sightseeing. Landgang auf dem Höhepunkt der Komplikationen. Wir brauchen eine Pause. Spektakuläre Bilder landestypischer Sitten („Schöne Sitte, sollte man bei uns auch einführen!“), Gebräuche und Bauwerke lassen uns träumen. Diese stets fröhlichen anderen Kulturen – alles so bunt und mystisch. Hüpfende Einheimische. Rauschende Feste mit Tanz und Drachenkostümen. „Singapur hat die niedrigste Verbrechensrate der Welt.“ Wir holen uns ein Bier, um uns besser in die Stimmung reinzuversetzen. „Ach, Roland, ich finde hier alles so leicht und schön.“ Entspannung setzt wieder ein, wir und die erhitzten Paare, Damen und Herren des ewigen Achtzigerjahre-ZDF-Repertoires („Schwarzwaldklinik“) beruhigen uns. Nicht zuletzt lösen sich alle Probleme, weil das souveräne, immer sympathische Leitungstrio der MS Deutschland alles im Griff hat: Beatrix als vertrauliche Kupplerin (Käpten: „Beatrix, könnte es sein, dass sie gerne Amor spielen?' – Beatrix: nick, augenroll, grins), der strenge und moralisch stets integere „Doc“ (der gestählt aus der Krise um seinen wegen väterlicher Vernachlässigung klischeedrogenabhängig gewordenen Sohn tritt) und natürlich der kernige, durchsetzungsfähige Käpten („Na, dann sehen wir uns die Sache mal genauer an.“).
Das Traumschiff (DVD-Box VII), eine Mischung aus der DDR-Serie „Zur See“ und der amerikanischen Serie „The Love Boat“, ist geliebte westdeutsche Erinnerung. Der moderne Schmonzes der aktuellen Variante hat wenig damit zu tun, was das Traumschiff können muss.