Irgendwer hat in der Nacht vor die Haustür gebrochen und die Ratten haben was zu essen. So beginnt ein ganz normaler Samstagmorgen im Leben einer deutschen Durchschnittsfamilie. Nach und nach stehen alle auf, erzählen sich Anekdoten vom Abend davor oder vom angebrochenen Tag. Papa geht mit seiner Tochter einkaufen und die Älteste fragt, ob er ihr etwas Schönes mitbringt. 'Na klar', sagt Papa. 'Prima', sagt die Älteste und verschwindet in ihrem Zimmer. Später wird die Waschmaschine repariert und es wird gekocht, denn am Abend kommt die Tante zum Abendessen vorbei. Wir sehen dem nüchternen Alltag beim Vergehen zu und niemand erlebt eine schwere Krise, die Auslöser für eine dramatische Geschichte sein könnte. Wendungen sucht man hier vergebens. Die Erzählung des einen Tages, den der Film umspannt, ist beiläufig und nicht treibende Kraft. Sie wird durch Blicke, Räume und wie die Figuren über diese in Beziehung gesetzt werden, spielerisch vorangetrieben. Kern des Filmes bildet dabei die Küche als gemeinhin sozialster Wohnraum. Hier treffen alle Figuren zu irgendeinem Zeitpunkt aufeinander. In weiterer Staffelung folgen Flur, Wohnzimmer und die Räume der einzelnen Familienmitglieder. Dabei okkupiert das Kameraauge diese Räume nicht einfach so, sondern es gibt, und das macht einen Reiz des Filmes aus, im Film noch so etwas wie Privatsphäre, weil nicht auf jeden Blick ein klärender Gegenschuss folgt und die Kamera nicht in jeden Raum eindringen darf.
Ganz entfernt erinnern die eingefangenen Räume und die darin enthaltenen, sorgsam ausgewählten Accessoires an Arbeiten von Thomas Demand, in denen das Nachstellen gesellschaftlich relevanter Orte zu einer schwer fassbaren Atmosphärenverschiebung führt, zu der sich in Zürchers Film die Choreografie der Figuren und Dialoge zu einer großartigen Alltagsperformance verbinden. Es ist diese kunstvolle Rekonstruktion des vermeintlichen Alltags aus vielen (erfundenen) Einzelteilen, die die magische Kraft des Filmes ausmacht. In seiner Artifizialität entsteht ein fast kindlicher Blickwinkel auf das Leben. Sätze werden hervorgehoben, scheinbar unwichtige Details überhöht; Bilder prägen sich ein, nicht weil sie symbolisch aufgeladen sind, sondern weil der Blick auf ihnen haften bleibt, auch wenn die Figuren den Bildraum verlassen oder immer wieder durchqueren. Was bleibt hängen im Kinderkopf von einem solch normalen Tag? Es müsste ein Film wie dieser sein.
Natürlich ergeben sich ganz von selbst auch Brüche. Die jüngste Tochter kassiert ganz unvermittelt eine Ohrfeige für eine Nichtigkeit, die Mutter scheint die ganze Zeit über angespannt zu sein und bekommt (abgesehen von einer Einstellung in einem Café) außerhalb der Küche keinen Raum zugewiesen. Kommunikation unterbricht sie des Öfteren, indem sie abrupt ein Küchengerät einschaltet. Aber wie gesagt, nichts von alldem beansprucht, eine Fabel zu sein oder in Bedeutungsschwangerschaft abzugleiten. Alles bleibt Moment im sanften Fluss des Alltags als lockerem Happening. Und am Ende schnurrt das Kätzchen liebevoll und der Hund schaut ihr dabei zu, weil er den Klang so mag. Rrrrrrrrrrrrrrrrrr.
Dieser Text ist zuerst anlässlich der Berlinale 2013 in der filmgazette erschienen.