Zwei Jahre vor „Der dritte Mann“ inszenierte Carol Reed 1947 diesen in Irland spielenden Thriller, in dem ein aus der Haftanstalt entflohener politischer Aktivist (James Mason) einen Überfall plant, um für „die Organisation“ Geld zu beschaffen. Die Örtlichkeit wird nie explizit genannt, doch dürfte es klar sein, dass es sich hier um Belfast und die IRA handelt. Der Film beginnt zunächst wie ein Caper-Movie, in dem die „Bande“ in ihrem Hideout konspirativ zusammen sitzt und von den Frauen des Hauses mit heißem Tee versorgt wird. Der Anführer ist Johnny McQueen (James Mason), der mit seiner politischen Überzeugung und einem wie in Askese geschnitzten, scharfen Gesicht messianisch die ihm Folgenden mitreißen kann – allein mit seiner Präsenz und Ausdrucksstärke füllt er den ganzen Raum. Auch Kathleen Sullivan (Kathleen Ryan) ist bedingungslos auf seiner Seite, wenngleich voller Angst, die Sache könnte schief gehen. Für sie allerdings ist Johnny jetzt schon ein Märtyrer.
Dass der Überfall dann scheitert, entspricht den Gesetzen des Genres – beinahe schon slapstickhaft ist das, wie Johnny nach der Rauferei und dem Schusswechsel, der freilich völlig unnötig war, mit den Beinen zappelnd aus dem Auto hängt. Und in der scharfen Kurve dann auf die Straße geschleudert wird. Zu Fuß auf der Flucht und angeschossen in die Schulter, kämpft sich Johnny durch die Straßen und Straßenzüge – und hier kommt dann der nächste Protagonist ins Bild: die Stadt. Eine Stadt nach dem Krieg, zerbombte Häuser, Schutt, Luftschutzkeller, Kinder, die mit Straßenkötern spielen. Zu Fuß auf der Flucht ist Johnny allein, „auf eigene Faust“ – und doch zu schwach geworden mit der Verwundung, um sich an einen sicheren Platz zu retten. Robert Krasker packt die Geschichte in expressionistische Bilder, die mit denen aus „Der dritte Mann“ rivalisieren: hartkontrastiges Schwarzweiß, Verfolgungen im Gegenlicht durch die engen Gassen bei Nacht, Großaufnahmen auf die Gesichter der Verlorenen, Halunken und Gauner.
Dorthin nämlich verschlägt es den Helden (als der Film den Thrillerplot verlässt, sich einige Längen gönnt, und das Drama in den Mittelpunkt rückt), zu einem halbverfallenen Haus, das von einem Trunkenbold und einem irren Maler bewohnt wird, der vor allem im Suff sein Ingenium zu wecken hofft. Er ist besessen davon, den Ausdruck im Gesicht eines Mannes zu erfassen, der auf der Schwelle des Todes steht, was ihm das Kunstwerk beseelen soll. Der eigentliche Tod aber kommt später, nach dem Regen, als es bereits zu Schneien begonnen hatte. Es ist kalt. Es ist der kalte Nachkriegswinter von 1946/47 und die Lebensmittel sind rationiert. Kathleen hat ihren Johnny wiedergefunden und schleppt ihn zum Hafen. Doch sie sind zu spät, das Schiff legt ab. Im blendenden Licht der Autos der Verfolger stehen sie geschlagen, eng an den Zaun gepresst. Sie wird ihn niemals wieder loslassen wollen und zieht, völlig überzeugt, die Waffe aus dem Mantel. Im Kugelhagel dann sinken sie sterbend zusammen aufs Pflaster nieder.