Die Welt der Zukunft in „Aktion Mutante' ist trennscharf in zwei Klassen aufgespalten: Die Herrschenden gebieten über den Rest. Das ist nicht so unwichtig, wenn man bedenkt, dass sich die gleichnamige Terroristengruppe unter der Schirmherrschaft des charismatischen Ramons einzig gegen das Primat der Schönheit und Sauberkeit der Vergnügungssüchtigen auflehnt. Mit der Entführung der Industriellentochter Patricia mitten auf ihrer Hochzeit verfolgt sie jedoch weniger die Statuierung eines gesellschaftspolitisches Statements, sondern vielmehr den schnellen Pimp der eigenen Kassen. Nachdem jedoch Ramons wahre Absichten, alles Geld für sich einzustreichen, enttarnt sind (und auch die Entführung selbst nicht gerade vom Glück für den Gruppenbestand gekrönt war), verbleiben nach der Bruchlandung auf einem wüstenartigen Rohstoffplaneten gerade mal zwei Kontrahenten, die aus unterschiedlichen Gründen den Weg zum Ort der Geldübergabe antreten: Ramon, den das Geld lockt und Alex, der sich an Ramon rächen will und darüber hinaus unsterblich in Patricia verliebt ist. Der Weg zum Finale ist gesäumt von blinden Wüstenbewohnern, verrückten Minenarbeitern und fettleibigen Redneckfamilien.
Klingt das zu sachlich?
„Aktion Mutante' ist das schwarzhumorige (und von Pedro Almodóvar höchstselbst produzierte) Debüt-Reminiszenzen-Patchwork Alex de la Iglesias, das um keine Schweinerei, keinen wahnwitzigen Einfall verlegen ist. „Robocop', „Star Wars', „Evil Dead 2', „Monty Python and the Holy Grail', „Texas Chainsaw Massacre'; die Plünderung der Filmgeschichte kennt keine Grenzen und wird injiziert in das Gerüst einer Geschichte, die nicht so sehr an ihren ohnehin schwer durchschaubaren Charakteren interessiert ist, sondern eher im Exzess der Absurdität ihr Heil sucht irgendwo zwischen Satire, Persiflage, Groteske, Parodie, letztlich gar in der Burleske, jedenfalls in den humoristischen Elementen. Das macht aus den Figuren Typen, deren Taten bloß vom übergeordneten Ziel motiviert sind (Ramon will Geld, Patricia will Ramon, Alex will Ramon und Patricia, die Planetenbevölkerung will Patricia, ihr Vater will Zerstörung), aber diese Abwesenheit von Empathie steuert denn auch die Richtung des anarchischen Humors. Typen kann nur schwer inkonsistentes Handeln bescheinigt werden, so lange es nicht ihre ursprünglichen Absichten antastet. Ausgleichend bleibt genügend Raum, um die Bandbreite an lustigen Szenarien zu erproben, ohne Gefahr zu laufen, den Figuren zu drastisches Leid anzutun, so dass das Sicherheitsempfinden des Zuschauers nicht durch plötzlich auftretendes Mitleid gestört wird. Sicher, das ist eine Binsenweisheit der Komik, aber Iglesia entgeht der möglichen Monotonie durch eine Unverbindlichkeit der humoristischen Essenzen: Da finden sich relativ unvermittelt satirisch gezeichnete Nachrichtenverlesungen, die von barbusigen Werbe-Bunny-Häschen begleitet werden, neben grotesken Folterungen, in denen ein cholerischer Redneckjunge seine Wut über seinen Kinderstatus ritzend und salzend am gefesselten Ramon auslässt, während sich der Rest der Familie versuchsweise an Patricia vergeht, weil es auf diesem Planeten nun mal keine Frauen gibt. Der Gestus, einfach jede Idee mal in den Raum zu werfen, ohne Rücksicht auf narrative Stränge oder guten Geschmack nehmen zu müssen, atmet fast schon etwas vom Punk-Geist, das Thema sowieso, und das ist wohl auch diese Art Klammer, die das scheinbar Disparate eint: Die Wünsche der Deklassierten speisen sich zwar aus dem Gefühl des Mangels, würden sich aber gleichzeitig mit einem Versprechen auf Teilhabe am Hedonismus abspeisen lassen.
Warum sich der Zorn der Aktion Mutante nun an den Schönen entlädt, hat wohl eher mit der Sublimierung ihres Opferstatus` zu tun. Jedenfalls machen die Hochzeitsgäste in ihrem dekadenten Taumel nicht gerade einen exklusierenden Eindruck gegenüber den schwer als inkognito durchgehenden Terroristen. Die Grundlage der Organisation ist nicht viel mehr als eine ziellosen Destruktionsfreude, Punk mit cartoonesker Attitüde, und das gilt dann auch für die zwei weiteren Instanzen dieses durch und durch sympathisch rauen Erstlings: den sich sicher bestens amüsierenden Machern und die im besten Sinne bitterbös amüsierten Zuschauer.