Die Kamera bewegt sich durch das grüne Dickicht einer Zuckerrohrplantage, um schließlich vor einer Gruppe afroamerikanischer Sklaven innezuhalten. Zur harten Arbeit unter der sengenden Sonne Louisianas singen die Ausgebeuteten Gospels. Nachts, in der schwülen Hitze eines Matratzenlagers, erinnert sich Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) an sein Leben als freier Mann in Saratoga/New York, an seine Frau und die beiden Kinder sowie an sein Auskommen als Geigenspieler. In kurz aufflackernden Erinnerungsbildern und dem Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit akzentuiert der britische Filmkünstler Steve McQueen immer wieder den Kontrast zwischen Freiheit und Gefangenschaft und fügt so – nach den Filmen „Hunger“ und „Shame“ – mit „12 Years a Slave“ seinem Werk einen weiteren Gefängnisfilm hinzu. Als Solomon Northup, auf dessen 1853 veröffentlichtem Erfahrungsbericht der Film basiert, nach seiner Entführung, geschunden und in Ketten, in einem dunklen Verlies der Hauptstadt Washington erwacht, schwenkt die Kamera einmal zu einem Blick über die düstere Stadtlandschaft, in deren Hintergrund sich das Weiße Haus abzeichnet.
Die bürgerlichen Freiheitsrechte gelten noch längst nicht für alle. Bildung und gesellschaftliche Integration werden dem „außergewöhnlichen Nigger“ Northtup von seinen „Besitzern“ gar als offener Widerstand ausgelegt und infolgedessen unnachgiebig hart bestraft. Wie Vieh werden die Versklavten im Hinblick auf ihre Arbeitsfähigkeit begutachtet und verkauft. Willkür und Gewalt bestimmen das Verhältnis der Herren zu ihren Knechten. Sieht man die Baumwollpflücker in den blühenden Landschaften bei der Arbeit, wie sie für ihren Ernteertrag unter Strafandrohung zur Rechenschaft gezogen werden oder auch wie ärmlich sich ihre Wohnbaracken gegenüber den herrschaftlichen Anwesen ihrer „Master“ ausnehmen, erfährt man nebenbei auch, wie Wohlstand entsteht und ein Land „gebaut“ wird. In einer der eindringlichsten Szenen hängt Northup mit dem Hals in einer Schlinge und ringt für endlose Stunden ums Überleben. Während die Zeit vergeht und die Perspektiven auf den Gefolterten mehrmals wechseln, sieht man im Hintergrund dieses ikonographischen Leidensbildes, wie das normale alltägliche Leben weitergeht.
„Ich will nicht überleben, ich will leben“, sagt Northup einmal. Aber dann ist er doch immer wieder zu schrecklichen Anpassungsleistungen gezwungen, die zeigen, wie perfide und inhuman Unrechtssysteme funktionieren und dabei Rechtlose in ausweglose Loyalitätskonflikte gedrängt werden. So muss Northup in einer anderen herausragenden Szene, die McQueen in einer langen Plansequenz gestaltet, seine Leidensgenossin Patsey (Lupita Nyong’o) auspeitschen. In der Figur des Master Edwin Epps (Michael Fassbender), der diese Strafe befiehlt und dessen unheilvoller Charakter zwischen Wahnsinn, Eifersucht und Unberechenbarkeit oszilliert, zeigt sich aber auch die Brüchigkeit des Systems, in dem es immer wieder auch zu Konflikten unter den Sklavenhaltern kommt. Bevor der kanadische Zimmermann Samuel Bass (Brad Pitt) als Vorbote eines zukünftigen Wandels auf der Szene erscheint, verliert sich – mit einem Bild des Films gesprochen – als vorletzte Hoffnung ein Funkenflug in der Nacht. Später dann, mit neu erwachtem Mut, folgt ein ängstliches Innehalten, ein Atemholen für die ersehnte Freiheit.