„Casse-tête chinois“, der Originaltitel von Cédric Klapischs neuem Film „Beziehungsweise New York“, bedeutet in etwa „Kopfzerbrechen auf chinesisch“. In seiner aktuellen Beziehungskomödie, die die 2002 begonnene „L’auberge espagnole“-Trilogie komplettiert, ist damit ein Geschicklichkeitsspiel aus Holz gemeint, dessen Einzelteile der Spieler wie ein Puzzle zusammensetzen muss. Im sehr kunstvoll gestalteten Vorspann des Films, der mit groovendem Soul unterlegt ist, fügen sich einzelne Bilder und Szenen zu Fragmenten aus dem Leben des knapp 40-jährigen Schriftstellers Xavier Rousseau (Romain Duris), der an einem Roman mit dem Titel „Chinesisches Puzzle“ arbeitet. Während er auf einer Dachterrasse im New Yorker Stadtteil Chinatown sitzt, blickt er zurück auf die turbulenten Ereignisse des vergangenen Jahres, die sich im Schreiben zur Kunst verdichten. Denn bei Klapisch folgt die Kunst dem Leben.
Über sein Leben wiederum sagt der Ich-Erzähler Xavier aus dem Off des Films, es sei chaotisch und kompliziert und erscheine mitunter unsinnig. Weder verlaufe es geradlinig von einem Punkt A zu einem Punkt B, noch habe es ein bestimmtes Ziel, vielmehr strebe es in verschiedene Richtungen. „Im Grunde ist mein Leben ein Trümmerhaufen“, konstatiert Xavier ernüchtert und spinnt dabei die Metapher von den Fragmenten weiter. Trost findet er allein bei den deutschen Philosophen Hegel („Alles Nichts ist nichts, woraus etwas resultiert.“) und Schopenhauer, der das Leben mit einem gestickten Bild vergleicht: Das Gewirr der Fäden auf der Rückseite zeige, wie alles gemacht ist. Erfindungsreich und phantasievoll überschreitet Cédric Klapisch, der die beiden Philosophen hier leibhaftig auftreten lässt, immer wieder die Grenzen der realistischen Darstellung.
Das Puzzle des Lebens, zerstreut durch die Krisen in der Lebensmitte, materialisiert sich im Bild von Xaviers Patchworkfamilie: Seine Frau Wendy (Kelly Reilly) trennt sich von ihm und zieht mit den beiden Kindern nach New York; Xavier folgt ihr und geht dort eine Scheinehe mit einer Chinesin ein; dazwischen spendet er seinen Samen für seine lesbische Freundin Isabelle (Cécile de France) und wird so nochmals Vater; schließlich taucht auch noch seine frühere Freundin Martine (Audrey Tautou) auf und befeuert damit zunehmend eine alte Liebe. In vielschichtigen Bildern, witzigen Dialogen und mit erzählerischer Ökonomie verbindet der französische Regisseur das Beziehungschaos seiner Protagonisten sowohl mit den veränderten Lebensformen einer von der Globalisierung geprägten Generation als auch mit der Multikulturalität des Schmelztiegels New York. Immer wieder bezieht der charmante Film aus kulturellen Differenzen sein erfrischendes Konfliktpotential. Zugleich wird die vielgestaltige, offene Weltstadt zur gewichtigen Mitspielerin im komplizierten Geflecht des zwischenmenschlichen Reigens.