Gespannt sein durfte man auf dieses Remake des trivial-reaktionären Klassikers „Die rote Flut“, ist doch der Film von 1984 felsenfest im Freund/Feind-Denken einer längst obsolet gewordenen bipolaren Weltordnung verankert. Regisseur John Milius und sein Co-Drehbuchautor Kevin Reynolds hatten seinerzeit eine Invasion der USA durch Truppen aus Kuba und Nicaragua unter sowjetischer Führung fantasiert, die es einer Gruppe von Teenagern in Colorado erlaubte, ihre aus dem Vietnam-Trauma gezogenen Guerilla-Lehren subversiv einmal in der Praxis am überlegenen Feind zu erproben.
Zumindest rückblickend kann „Die rote Flut“ mit einem erstaunlichen Darsteller-Ensemble punkten. Für die Freiheit stiegen 1984 Patrick Swayze, C. Thomas Howell, Charlie Sheen und Jennifer Grey in den Ring, auch Harry Dean Stanton war damals mit von der Partie. Zudem überrascht der in jeder Hinsicht recht grob gestrickte Film durch die Volte, dass ein kubanischer Führungsoffizier Skrupel bekommt, den vom sowjetischer Oberbefehlshaber befohlenen Terror gegen die Bevölkerung zu exekutieren, weil er bislang stets auf Seiten von Unabhängigkeitsbewegungen kämpfte. Dem skrupellosen Russen war solch idelogischer Ballast egal, schon damals.
Man durfte also durchaus gespannt sein, welches Szenario das Remake entwerfen würde, um die Erfahrungen von 9/11 und den Kriegen im Irak oder Afghanistan in den bekannten Stoff zu integrieren. Doch „Red Dawn“ wurde nur halbherzig in der Gegenwart verortet: unbekümmert von realistischen Ansprüchen und jeder intellektuellen Anstrengung abhold, hat der Second Unit-Regisseur Dan Bradley nun tatsächlich nur eine fade Kopie des Originals abgeliefert. Nur, dass die Invasoren diesmal aus Nordkorea kommen und sich folglich den US-amerikanischen Nordwesten statt des Mittleren Westens ausgesucht haben.
Dort in der Provinz scheint das Leben stehen geblieben zu sein und kreist noch immer um Football und Familie. Angeführt von einem Ex-Marine mit Irak-Erfahrungen verwandeln sich auch 2012 weiße Middleclass-Teenager auf rasante Weise in opferbereite Guerilleros, die zwischen dem Ballern und Bomben markige Reden schwingen über ererbte Freiheit, die man zu verteidigen lernen muss. Einmal heißt es sehr schön, dass dieses Stück Land für die Invasoren nur „some place“, während es für die patriotischen Kids immerhin die Heimat sei. Ihr Partisanenkampf folgt der einfachen Strategie, die Okkupation für die Besatzer so blutig zu gestalten, dass ein Abzug der Truppe alternativlos sei. Derlei prägnante Oneliner sind mit einem unmissverständlichen Score unterlegt, der keinen Zweifel aufkommen lässt, dass hier mit keiner Ironie zu rechnen ist. Derart unverfroren wird hier mit rassistischen Untertönen – Verräter und Kollaborateure sind Afro-Amerikaner oder Menschen mit einem Rest von demokratischem Selbstverständnis – einem autoritären, anti-demokratischen Führerprinzip nebst bewaffneter Selbstverteidigung das Wort geredet, dass man „Red Dawn“ als filmische Antwort der Waffenlobby auf die jüngsten Massaker in den USA interpretieren möchte.
Für die jugendliche Zielgruppe – in den USA erhielt der Film ein „PG-13“ – wurde diese Geschmacklosigkeit mit ein paar Liebeständeleien und etwas Bruderzwist angereichert, vielleicht auch, um von den unterirdischen Darstellerleistungen abzulenken. Ursprünglich, der Film wurde bereits 2009 gedreht, war übrigens eine Invasion der Chinesen geplant gewesen, aber nachdem sich in China Proteste gegen diese Option regten, wurde im Verlauf der Post-Production auf Nordkorea umgestellt. Was immerhin dem Geist dieses Films entspricht: allem Freiheitspathos zum Trotz folgt die Ideologie der Ökonomie.