Die bewegten Bilder nächtlicher, in Neonlicht getauchter Hochhausschluchten von Kaohsiung und Tokio werden getragen von einem sphärisch-schwebenden, feierlich-melancholischen Klangteppich, der wie eine Ouvertüre alles Folgende grundiert. Noch in seinen losen, repetitiv verschlungenen Enden stützt der Soundtrack von Junichi Matsumoto die gegenläufigen Bewegungen aus Ruhe und Dynamik, Stille und Gewalt, motion und emotion. Die Genre-Typologien, in die der japanische Regisseur Sabu die Geschichte und Figuren seines Films „Mr. Long“ einhegt, vermitteln die Wirklichkeit fast ausnahmslos in Stilisierungen. Wo das Handeln vornehmlich fatalistisch gedeutet wird und die Welt in den (filmischen) Koordinaten von Hell und Dunkel, Gut und Böse, Liebe und Tod gefangen ist, liegen auch Kunst und Kitsch eng beieinander.
So ist natürlich auch Titelheld Long (Chen Chang), ein schweigsamer taiwanesischer Killer, mit ikonischen Eigenschaften ausgestattet: Sein starrer, kühler Blick gehört einem einsamen Samurai, der konzentriert, mit äußerster Präzision, kaltblütig und mit schier übermenschlichen Fähigkeiten mordet. Weil er sein blutiges Geschäft mit einem Messer ausübt und dabei stets allein gegen alle kämpft, paaren sich Stille und Dynamik mit körperlicher Geschicklichkeit und brutaler Gewalt. Diese genau choreografierten und montierten Kampfszenen, in denen schließlich auch die Martial-Arts-Traditionen fortleben, versehen den Film mit einem blutroten Rahmen.
Nach einem gescheiterten Auftrag in der japanischen Hauptstadt erlebt der schwer verwundete Long in der Helle eines heruntergekommenen, verlassenen Viertels von Tokio eine Art Neugeburt als Mensch und soziales Wesen. Der schweigsame Ausländer kümmert sich nämlich um den kleinen Jun (Runyin Bai) und seine drogensüchtige Mutter Lily (Yiti Yao), eine ehemalige Prostituierte, die eine tragische, nicht enden wollende Geschichte in sich trägt. Sabu erzählt von dieser Liebe im Zeichen des Todes in einer langen Rückblende und hat auch sonst keine Scheu, die lineare Plot-Konstruktion durch verschiedene, bevorzugt kulturelle Unterschiede thematisierende Exkursionen aufzubrechen. Im Zentrum der versöhnlichen Völkerverständigung steht dabei Longs Kochkunst, mit der er nicht nur neue Freunde und eine Ersatzfamilie gewinnt, sondern bei aller Tragik, mit der die Schrecken der Vergangenheit zurückkehren, auch ein neues Leben entwirft.