Bombay Beach ist ein Ort, an dem die Träume enden. Das Kaff an den Gestaden des Salton Sea, rund 150 Meilen südöstlich von Los Angeles entfernt, liegt im ärmsten County des Bundesstaats, nur noch etwa 100 Einwohner halten sich hier auf – Gestrandete im wahrsten Wortsinn. Es stinkt zum Himmel an diesem größten See Kaliforniens, das Ökosystem kollabiert in absehbarer Zukunft komplett, das einstige Naturparadies ist ein trauriger Schauplatz massiven Vogel- und Fischsterbens geworden.
Die wenigen Menschen, die sich hier, nahe der mexikanischen Grenze, unter anderem mit Zigarettenschmuggel über Wasser halten, ließen sich nach den gängigen Kategorien am ehesten unter White Trash subsumieren, ein paar Hippies sind auch dabei, Penner, Junkies, Ausgestoßene. Die israelische Videokünstlerin Alma Har’el hat sich dennoch die Mühe gemacht genauer hinzuschauen und hinzuhören. Und sie entdeckt Faszinierendes in den Biografien ihrer Protagonisten, wie dem schwarzen Teenager CeeJay, der der alltäglichen Gewalt in South Central Los Angeles entflohen ist und den Glauben an seine Football-Karriere noch nicht aufgeben mag. Oder dem kleinen Benny Parrish, einem manisch-depressiven Jungen mit blühender Phantasie, dem Alma Har’el in einer berührenden Sequenz die kurzzeitige Erfüllung seiner Wünsche schenkt.
„Bombay Beach“ schert sich nicht um die Konventionen des Dokumentarfilms, lässt Inszeniertes furchtlos in die Dramaturgie einfließen und bricht sie an vielen Stellen regelrecht auf – mit choreographierten Tanzszenen und videoclipartigen Montagen, die dem Film eine ganz eigentümliche Poesie verleihen, dem entrückten Ort seltsam angemessen. Wo die Dokumentation in der Regel einer Wahrheit oder Realität nachspürt, stellt „Bombay Beach“ vielmehr in Frage, ob seine Protagonisten ihre Realität nicht selbst imaginieren – anstelle ein Produkt ihrer Umwelt zu sein – und somit dem Leben in all seiner Unwirtlichkeit letztlich nicht einen tieferen Sinn und auch Wert abtrotzen.
Zur Filmmusik von Zach Condon und ausgesuchten Songs von Bob Dylan feiert Alma Har’el ein einsames Fest der winzig kleinen, großen Momente, die diese Menschen so besonders machen und ihren Film zu einem sperrig-schönen Kleinod. Und schließlich, wenn alle Fragen gestellt und keine beantwortet sind, endet „Bombay Beach“ wie selbstverständlich mit einem Traum.