Es sollte eigentlich inzwischen klar sein, dass found footage (inklusive mockumentary) mitnichten ein Subgenre zumeist des Horrors ist. Und es ist auch nicht als Modeerscheinung zu kategorisieren, die ungefähr im Jahr 2012 vollends an gestalterischem Reiz verloren hat. Ganz bestimmt ist es kein narrativer Gimmick. Es ist vielmehr eine (fiktionale) ästhetische Methode, um der totalen multimedialen Reizüberflutung, dem Mahlstrom des mediatisierten Bewusstseins Herr zu werden.
In einer Zeit, in der geradezu jedes Kind eine hochauflösende Kamera in der Hosentasche mit sich führt und auf verschiedenen Plattformen wie Instagram, Vine, Youtube, TikTok und unzähligen mehr im Zweifel live sich selbst und das Leben dokumentieren und ausstellen kann, in der Doku-Formate das Kino und TV und Streamingdienste saturieren, in der parodistische Doku-Formate wie „Drunk History“ erfolgreich sind, mit „The Office“ die mockumentary die Sitcom erobert hat und formale Merkmale des Vérité-Kinos, wie verwackelte, scheinbar unmittelbare Handkameraführung, z. B. das Actionkino regelrecht vereinnahmt haben – in so einer Zeit ist found footage vielleicht die einzig legitime und genuine filmische Art, um der Realität standzuhalten.
Zumal es ja eigentlich ein gefundenes Fressen sein sollte für wirkliche visuelle Geschichtenerzähler und ihre Chefkameraleute. So verwundert es nicht, dass M. Night Shyamalan sein großes Talent für mise-en-scène, für visual tension – wie es die jugendliche Dokumentaristin im Film selbst nennt – nach einigen harten kommerziellen wie kritischen Niederlagen mit einem schmalbudgetierten Independentfilm ohne große Stars – dafür mit umso besseren Schauspielern und einer gehörigen Portion Selbstironie – zur Schau stellen will.
Bezeichnenderweise ist seine Co-Auteurin eine Kamerafrau, die sich sowohl im Independentfilm als auch im Dokumentarfilm einen Namen von hohem Rang erarbeitet hat: Maryse Alberti hat im fiktionalen Bereich mit Größen wie z. B. Todd Haynes, Todd Solondz, Richard Linklater, Darren Aronofsky und Ryan Coogler zusammengearbeitet. Für Kenner des Dokumentarfilms ist die Liste ihrer Regiekollaborationen noch illustrer: mehrere Filme mit Michael Apted, Terry Zwigoffs überragender „Crumb“, Martin Scorseses Bob-Dylan-Doku und das Gros der Filme des wohl wichtigsten Dokumentaristen des 21. Jahrhunderts: Alex Gibney.
Und so ist eine Art Meta-Found-Footage-Horror-Comedy entstanden, die nicht nur Shyamalans Karriere revitalisiert hat, sondern auch eine Reflexion über diese Methode der Realitätsbewältigung liefert, die geradezu zwangsläufig ein Modus Operandi, ein Lifestyle sogar, der heutigen Jugend ist.