Beuys

(D 2017; Regie: Andres Veiel)

Fettecke forever!

Jajajajajaja. – Nänänänänänänä. Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel. Beuys und Bergpredigt. Da hätten wir schon zwei zündende Konnektionen, denn zum einen ist Beuys kein Übertreiber gewesen, aber ein Showhase, und zum anderen hat er diesen Jesusfluch gehabt, nach dem Motto: Meine Verausgabung ist meine Nahrung. Leider denkt die Menschheit viel zu oft in Märtyrerligen, aber das Leben kann auch schön sein, wenn man nicht zu Asche brennt, und das Kind dann aber umso mehr vom Künstlerpapa hat. Aber da steht immer dieser Auftrag im Background, bei Jesus und bei Beuys und wie die alle heißen. Ganz dahinter steht aber auch noch, und auch das ist signifikant: eine tiefe Depression, bei Jesus vielleicht nicht so erwiesen wie bei Beuys, aber schlechthinnig wahrscheinlich, aufgrund der Abwesenheit des eigenen Wohlbefindens ohne Phantasmagorie einer göttlichen Entität. Bei Beuys scheint, und das sagt auch sein bildgebender Regisseur Andres Veiel, den Ausschlag gegeben zu haben eine Äußerung der Mutter seiner frühen Sponsoren: „Wenn du dieses Talent hast, dann bist du ihm was schuldig“. Also fühlte Beuys sich schuldig, ließ das ganz schnell mit dem Selbstmord und versuchte halt die Welt zum Guten zu verändern, indem er sich künstlerisch auf dem Zahnfleisch tätig für die Welt opferte.

Mal ganz davon ab, dass man heute gegenüber manchen traditionellen Künstlerbiografien bezüglich ihres missionarischen Eifers ein leichtes oder schweres Unbehagen entwickeln kann, kann es einen aber auch freuen, den kernigen und lustigen Rheinländer Beuys zu reloaden, um festzustellen: der Mann hat Humor, Witz, das Herz am rechten Fleck und er kommt einem in seiner anarchischen Art schon 1966 so vor, als wäre Punk schon lange gewesen. Alle diese 1960er Menschen, auch diese 1970er Menschen um ihn herum sprechen wie aus bemüht gestelzten feuilletonistischen schwer sprachlich verknoteten Sprechblasen heraus, und man merkt ihnen an, wie wenig direkten Zugang sie haben zur Kraft der Beuysschen Kunst und Aktion und Aktionskunst. Aber Beuys könnte direkt einer von den Fremden sein, mit denen du Arm in Arm aus einem echt geilen Konzert gewankt bist. Ohne Worte weiß jeder, worum es geht und dass wir natürlich Freunde sind, obwohl wir uns nicht kennen.

Schön ist bei Beuys, dass er jede Ideologie abschaffen will, allen voran den Kapitalismus und irgendwie niedlich und etwas größenwahnsinnig ist, dass er meint, die Kunst werde die Rolle der Politik übernehmen müssen und können. Dass überhaupt alles Kunst sei, dass Gedanken schon Skulpturen seien, das ist schön und erweiterte meinen Kunstbegriff auf sinnvolle Weise frühzeitig. Und es erweiterte meinen Menschheitsbegriff auf vielfältige Weise.

Veiel zeigt in seinem mit permanent semidezenter Musik unterlegten Film den Beuys ein wenig auf seine Menschlichkeit reduziert. Vielleicht hätte man auch Beuys‘ Ausflüge in anthroposophische Ideologien (Rudolf Steiner) einbeziehen können. Weltbilder! Beuys hat ja übrigens die Grünen mitgegründet, weil er jedenfalls an die Besserung der Verhältnisse geglaubt hat. Er flog schnell wieder raus bei den Grünen, er solle doch lieber zurück zu seinen „Fettecken“. Die Grünen versuchen derzeit Gemeinsamkeiten mit der CSU zu finden, aber: die „Fettecken“ werden siegen!

Benotung des Films :

Andreas Thomas
Beuys
Deutschland 2017 - 107 min.
Regie: Andres Veiel - Produktion: Thomas Kufus - Bildgestaltung: Jörg Jeshel - Montage: Stephan Krumbiegel, Olaf Voigtländer - Musik: Ulrich Reuter, Damian Scholl - Verleih: Piffl Medien - FSK: ohne Altersbeschränkung - Besetzung:
Kinostart (D): 18.05.2017

DVD-Starttermin (D): 17.11.2017

IMDB-Link: http://www.imdb.com/title/tt6340090/
Link zum Verleih: http://www.beuys-der-film.de/
Foto: © Piffl Medien